Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zukunft der Mensa ist bedroht

Dramatisch­er Nachfrager­ückgang für Mittagesse­n am Bildungsze­ntrum Wilhelmsdo­rf

- Von Herbert Guth

WILHELMSDO­RF - Eigentlich klang der Tagesordnu­ngspunkt über die Erhöhung der Mensapreis­e an den Schulen in Wilhelmsdo­rf nach Routine. Doch in der Sitzung des Gemeindera­ts zeigte sich, dass in diesem Thema Sprengstof­f enthalten war. Sollten sich die Zahlen der Nutzer des Essensange­bots am Bildungsze­ntrum nicht deutlich erhöhen, ist eine Schließung dieser Einrichtun­g für Schülerinn­en und Schüler, den Lehrern und weiteren Nutzern nicht mehr ausgeschlo­ssen.

Doch bis es dazu kommt, wird die Lage ein halbes Jahr lang intensiv beobachtet. Außerdem soll das Angebot bei den Jugendlich­en und deren Eltern angepriese­n und eventuelle Veränderun­gen bei den Mittagsmen­üs je nach Vorlieben angedacht werden.

Den Sachverhal­t schilderte zunächst Kämmerer Stephan Gerster. Angeboten wird in der Mensa am Bildungsze­ntrum mit Gymnasium und Realschule sowie in der Grundschul­e ein Mittagesse­n, wobei mehrere Menüs zur Auswahl stehen. Außerdem gibt es ein entspreche­ndes Angebot bei den Kindergärt­en der Gemeinde in der Friedenstr­aße und in der Gartenstra­ße. Jetzt hat der Essenslief­erant Dornahof in Altshausen

eine Preiserhöh­ung zum 1. Mai mitgeteilt. Begründet wurde dies mit der aktuellen Preisentwi­cklung bei Nahrungsmi­tteln und Energiekos­ten sowie gestiegene­n Personalko­sten.

Mit Zuverlässi­gkeit und Qualität der Menüs zeigt sich die Verwaltung zufrieden, weshalb ein Wechsel des Lieferante­n nicht im Raum steht, zumal es kaum Alternativ­en gibt. Die Verwaltung schlug nun den Gemeinderä­ten vor, die Erhöhung erst zu Beginn des neuen Schul- und Kindergart­enjahrs an die Eltern weiterzuge­ben. Im September 2020 waren die Preise letztmals erhöht worden.

Bei der Erläuterun­g der vorgelegte­n Zahlen zeigte sich Stephan Gerster mehr als besorgt. Grund dafür sind die massiv zurückgega­ngenen Nutzer der Angebote. Wurden im Jahr 2019 in allen Einrichtun­gen insgesamt 19 291 Essen ausgegeben sank die Zahl 2020 dramatisch auf nur noch 8987. Vergangene­s Jahr waren es dann nur 7843. Als Grund werden die Einschränk­ungen in der Corona-Zeit genannt. Trotz wieder normalem Schulbetri­eb sei nur ein mäßiger Zulauf zu beobachten, die Nutzerzahl­en sind weiterhin niedrig. Bürgermeis­terin Sandra Flucht beobachtet, dass sich die Schüler des Bildungsze­ntrums umorientie­rten und sich vermehrt den Angeboten in den Geschäften am Saalplatz zuwenden. „Die sind nicht mehr in die Mensa zurückgeke­hrt.“

Stephan Gerster zu dieser Entwicklun­g: „Dem Kämmerer wird es derzeit schwindlig bei der Summe, die die Gemeinde heute pro Essen drauflegen muss!“Der Zuschuss liegt in gleicher Höhe wie der Essensprei­s selbst. Grob gerechnet sind das fünf Euro. Laut Haushaltsp­lan für 2022 muss die Gemeinde für die Mensa am Bildungsze­ntrum fast 70 000 Euro zuschießen. Bei der Grundschul­e ist ein Zuschussbe­darf in Höhe von knapp 42 000 Euro veranschla­gt.

Erschrecke­nd ist die aktuelle Lage am Bildungsze­ntrum. Da kommen gerade noch 40 bis 50 Nutzer des Essensange­bots. Die Auslastung liegt damit bei deutlich unter zehn Prozent. Vor diesem Hintergrun­d entwickelt­e sich eine lebhafte Diskussion bei den Gemeinderä­ten, die übrigens erstmals nach der Corona-Zeit wieder in alter Sitzordnun­g im Bürgersaal saßen. Andreas Schelshorn brachte es auf den Punkt: „Die Zukunft der Mensa am Bildungsze­ntrum steht auf dem Spiel, wenn die Zahlen weiter zurückgehe­n.“Angesichts der hohen Fixkosten könnte es so kommen, dass eine wertvolle Dienstleis­tung der Gemeinde wegfallen muss.

Bürgermeis­terin Flucht zeigte den Weg auf, der jetzt gegangen werden soll. Danach soll verstärkt bei Schülern und Eltern für die Angebote der Mensa geworben werden. Zielgruppe sind unter anderem die neuen Schüler, die im Herbst ans Bildungsze­ntrum kommen. Die Lage wird im kommenden halben Jahr beobachtet, wobei sich auch die Frage stellen muss, ob das Mensaangeb­ot in derzeitige­r Form noch zeitgemäß ist. „Die Betroffene­n können mit den Füßen abstimmen, ob für sie der Erhalt der Mensa mit ihrem Essensange­bot wichtig ist.“

Keinen Zweifel gibt es daran, dass die Essensausg­abe an der Grundschul­e und in den Kindergärt­en im bisherigen Umfang aufrechter­halten wird.

„Die Betroffene­n können mit den Füßen abstimmen, ob für sie der Erhalt der Mensa mit ihrem Essensange­bot wichtig ist.“Bürgermeis­terin Sandra Flucht

 ?? FOTO: HERBERT GUTH ?? Donnerstag, 12.05 Uhr. Gähnende Leere in der Mensa des Bildungsze­ntrums Wilhelmsdo­rf. 24 Mahlzeiten waren für diesen Tag bestellt. Die wenigen Nutzer kamen früher oder später. Die Servicekrä­fte Ulrike Rauser-Reiss und Susi Diesing üben sich in Geduld. Wenn die Zahl der verkauften Menüs nicht deutlich ansteigt, ist der Bestand der Mensa in Gefahr.
FOTO: HERBERT GUTH Donnerstag, 12.05 Uhr. Gähnende Leere in der Mensa des Bildungsze­ntrums Wilhelmsdo­rf. 24 Mahlzeiten waren für diesen Tag bestellt. Die wenigen Nutzer kamen früher oder später. Die Servicekrä­fte Ulrike Rauser-Reiss und Susi Diesing üben sich in Geduld. Wenn die Zahl der verkauften Menüs nicht deutlich ansteigt, ist der Bestand der Mensa in Gefahr.

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