Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Corona-Sorgen vor der Tour
Bei Radprofis häufen sich zwei Wochen vor der Frankreich-Rundfahrt die positiven Fälle
VADUZ (SID/dpa) - Tadej Pogacar ist in Sorge. Nicht die Konkurrenz schreckt den Radsport-Überflieger vor dem Angriff auf seinen dritten Tour-de-France-Triumph nacheinander. Das Coronavirus greift im Peloton wild um sich – und wirbelt die Planungen von Teams und Fahrern knapp zwei Wochen vor dem Start der Frankreich-Rundfahrt durcheinander.
„Wir werden uns so weit wie möglich isolieren“, sagte Pogacar, der am Sonntag in seiner Heimat die Schlussetappe der Slowenien-Rundfahrt gewann und sich den Gesamtsieg sicherte. An den ersten beiden Tagen hatte er noch Autogramme gegeben und Fotos mit den Fans gemacht. Die Volksnähe gab der Superstar zur Sicherheit dann aber lieber auf. „Wir werden uns zurückhalten, wir wollen bei der Tour am Start sein“, sagte Pogacar am Freitag. Zuvor war sein Teamkollege Mikkel Bjerg positiv getestet worden. Dessen Zimmergenosse Vegard Stake Laengen nahm Pogacars Team UAE Emirates als Vorsichtsmaßnahme ebenfalls vorzeitig aus dem Rennen.
Der Corona-Ausbruch in Slowenien ist dabei kein isolierter Vorfall. Bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Tour de Suisse waren die Auswirkungen noch größer. Gleich vier Teams – Jumbo-Visma, UAE Emirates, Bahrain-Victorious und AlpecinFenix – zogen sich komplett vom Etappenrennen zurück. Beim abschließenden Einzelzeitfahren in Vaduz ging nur etwa die Hälfte der ursprünglich 152 gestarteten Fahrer ins Rennen. Der Großteil fehlte wegen Corona. „Wir dachten eigentlich, dass wir all das hinter uns gelassen haben“, sagte Geraint Thomas, der Gewinner der Frankreich-Rundfahrt 2018. Der Waliser ist sportlich gerüstet, holte sich in der Schweiz erstmals den Gesamtsieg.
Auch weil mit Alexander Wlassow vom deutschen Team Borahansgrohe ein großer Konkurrent einen Tag nach seinem Etappensieg und der Eroberung des Gelben Trikots am Freitag mit einer Corona-Infektion vorzeitig aussteigen musste. Besonders bitter: Der Russe war beim Raublinger Rennstall eigentlich für den Kampf ums Gesamtklassement bei der Tour de France vorgesehen. „Wir haben es nicht aufgegeben. Es besteht schon noch eine Chance. Man muss jetzt mal eine Woche abwarten. Wenn er negativ ist, kann er wieder auf das Rad steigen. Im Moment trainiert er nicht“, erklärte Teamchef Ralph Denk, der sich große Sorgen um die am 1. Juli in Kopenhagen beginnende FrankreichRundfahrt macht. „Unserem Sport zuliebe hoffe ich nicht, dass es nur noch eine Lotterie wird“, sagte Denk: „Die Sorge ist da. Es kann schon einschlagen.“
Tour-Direktor Christian Prudhomme kommentierte die Vorkommnisse in der Schweiz zurückhaltend. Man werde „das Protokoll und die Empfehlungen des Weltverbandes UCI respektieren“, sagte er der „L'Equipe“. Grundsätzlich setzt das Protokoll auf bewährte Maßnahmen wie die Maskenpflicht und Abstandsreglungen. Im Falle eines bestätigten Falles trifft die UCI in Rücksprache mit Vertretern der Teams, der Fahrer, des Veranstalters, Ärzten und den nationalen Behörden „eine angemessene“Entscheidung. Im Zweifel lautet diese: Ausschluss aus dem Rennen.
Bei der Tour war das bislang nicht nötig. 2020 und 2021 funktionierte das Konzept der „Blase“, die Teams schotteten sich komplett ab, positive Fälle unter den Fahrern gab es nicht. Tadej Pogacar gewann in beiden Jahren. Auf dem Weg zum Hattrick im Gelben Trikot fahren die CoronaSorgen wieder mit.
„Unserem Sport zuliebe hoffe ich nicht, dass es nur noch eine Lotterie wird.“Ralph Denk