Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Atomkraft spaltet die Ampel
FDP fordert Laufzeitverlängerungen – Söder wirft Bund „ideologische“Energiepolitik vor
BERLIN (AFP/dpa/sz) - Die FDP geht in der Energiepolitik auf Konfrontationskurs mit ihren Koalitionspartnern von SPD und Grünen. Der Generalsekretär der Liberalen, Bijan Djir-Sarai, forderte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag auf, die Laufzeiten der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke zu verlängern.
Damit stellt sich die FDP klar gegen ihre Koalitionspartner SPD und Grüne. Diese lehnen Laufzeitverlängerungen ab. Derzeit sind in Deutschland noch drei Reaktoren am Netz: im Emsland, im badenwürttembergischen Neckarwestheim und in Essenbach (Bayern).
Djir-Sarai begrüßte die Pläne von Wirtschaftsminister Habeck, den Gasverbrauch unter anderem durch die vermehrte Kohleverstromung zu senken – dies reiche aber nicht aus. Habeck müsse zudem „ernsthaft prüfen“, die Laufzeiten der verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland zu verlängern. Auch Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder erneuerte seine Forderung an die Bundesregierung, die drei verbliebenen Atomkraftwerke bis mindestens 2024 am Netz zu lassen. „Es ist ein
Gebot der Stunde, hier energiepolitische Vernunft zu zeigen“, sagte Söder. Es gebe „keine Argumente – außer rein ideologische Basta-Argumente –, die Kernkraft nicht zu verlängern, zumindest bis diese Krise überwunden ist“. Ferner solle der Ausbau der erneuerbaren Energien massiv vorangetrieben werden.
Der Parteivorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, empfahl Söder daraufhin, „einmal mit den Zuständigen auch in den Betrieben zu sprechen, bevor er wirklich jenseits aller Fakten Vorschläge macht“. Was Söder da mache, sei „hanebüchen“.
Gegen verlängerte Laufzeiten gebe es zahlreiche Argumente. Beispielsweise fehle es an Brennelementen. Diese wären auch kurzfristig nicht zu beschaffen.
Der Wissenschaftsethiker Simon Friederich sagte der „Schwäbischen Zeitung“, die Gefahren der Atomkraft würden oft überzeichnet. Dabei leisteten sie einen erheblichen Beitrag zur Energieversorgung. „In der gegenwärtigen Situation, angesichts von Klimakrise und Russlands Krieg in der Ukraine macht es erst recht keinen Sinn, Kernkraftwerke abzuschalten“.