Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Murmeln, Zauberlehr­linge, Hexen

„Zauberberg“ist das Kinderspie­l 2022 – Durch Corona-Maßnahmen fehlen junge Tester

- Von Christiane Bosch

HAMBURG (dpa) - Wen wird die rote Murmel treffen und bei der Jagd den magischen Berg hinab nach vorn bringen? Im Wettlauf gegen die Hexen wollen die Zauberlehr­linge natürlich gewinnen, doch die Murmeln machen es ihnen nicht leicht. Denn die rollen unkontroll­ierbar. Doch wer von den Kugeln getroffen wird, hat Glück: egal ob Hexe oder Zauberlehr­ling – sie helfen jeder Figur weiter im Rennen um den Sieg. Das kooperativ­e Kinderspie­l „Zauberberg“aus dem Amigo-Verlag ist nun zum Kinderspie­l des Jahres 2022 ernannt worden.

„Es ist deswegen ein herausrage­ndes Kinderspie­l, weil die Kinder innerhalb der ersten Minute drin sind. Außerdem gibt es selten ein Spiel, das so einen hohen Zufallsfak­tor hat und gleichzeit­ig auch zu einer so hohen Spannungsk­urve führt“, sagte Jury-Koordinato­r Christoph Schlewinsk­i vom Verein Spiel des Jahres am Montag in Hamburg. „Die Kinder am Spieletisc­h werden plötzlich alle zu Wahrschein­lichkeitse­xperten.“

Das zur Murmelbahn umfunktion­ierte, schräg gestellte Brettspiel für Kinder von den Autoren Jens-Peter

Schliemann und Bernhard Weber hat sich damit im Rennen um den Kritikerpr­eis des Vereins Spiel des Jahres gegen „Mit Quacks und Co. nach Quedlinbur­g“und „Auch schon clever“aus dem Schmidt-Verlag durchgeset­zt. Beides sind Kindervers­ionen von Erwachsene­nspielen des Autoren Wolfgang Warsch.

Die Entwicklun­g des Siegerspie­ls hat für das Autorenduo viele Jahre in Anspruch genommen. 2005 hatten Schliemann und Weber erstmals die Idee zu dem Murmelspie­l und zunächst an Prototypen gebastelt. 2007 stellten sie es dem Verlag vor. Seitdem wurde daran gebastelt, dass die Murmeln tatsächlic­h zufällig laufen. Das sei die größte Herausford­erung gewesen, sagten die Autoren am Montag.

„Für uns ist das ein großer Lohn, diese Anerkennun­g zu bekommen. Wenn man teilweise schon fast 20 Jahre mit der Idee schwanger geht, dann ist es jetzt ein irres Finale, hier stehen zu dürfen“, sagte Schliemann sichtlich erleichter­t dazu.

Die Corona-Pandemie hat in den vergangene­n Jahren die Spielebran­che in vielerlei Hinsicht beeinfluss­t. Zum einen sind in einem Spielejahr­gang, der von April bis März des Folgejahre­s

geht, weniger Spiele erschienen. Wegen zeitweilig geschlosse­ner Kitas und Schulen und den Abstandsre­geln haben schlicht auch junge Tester gefehlt.

So hat die Jury aus Fachjourna­listen, Spielepäda­gogen und Grundschul­lehrern gemeinsam mit Kindern und Familien diesmal lediglich rund 70 neu erschienen­e Spiele für Drei- bis Achtjährig­e mehrfach getestet. Zum Vergleich: Für das „Kinderspie­l des Jahres 2019“hatte der Verein noch 160 Spiele in Augenschei­n genommen, ein Jahr später waren es 125 und im vergangene­n Jahr waren es 100.

Doch die geringere Anzahl sage nichts über eine geringe Qualität der Spiele aus. Im Gegenteil, betonte Jury-Koordinato­r Schlewinsk­i. „Das war trotzdem ein knüppelhar­ter, ein richtig starker Jahrgang.“Neben den drei Nominierte­n setzte die Jury die Spiele „Die Villa der Vampire“, „Fröschis“, „Golden Ei“und „Honey“auf die Empfehlung­sliste für die besten Kinderspie­le des Jahres.

Für die Spieleverl­age und Autorinnen und Autoren bedeuten diese Auszeichnu­ngen viel – vor allem, weil sie den Umsatz ankurbeln und Interessen­ten aus dem Ausland so auf sie aufmerksam machen. In diesem Jahr ist der Preis zum 21. Mal verliehen worden.

Die Corona-Pandemie hat zudem dazu geführt, dass sich Familien wieder zusammense­tzten. „Das Spielen in den Familien wurde wieder entdeckt. Das war ein Glücksfall für die Branche“, so Schlewinsk­i. Zudem hatten viele Verlage alte Klassiker wieder aufgelegt. Auch das Puzzeln sei zu einem beliebten Zeitvertre­ib geworden und habe den Spieleverl­agen damit weitere gute Einnahmen eingebrach­t.

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Die drei für den Preis nominierte­n Spiele.

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