Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Viele Jungstörche fielen Gewittern zum Opfer
Elternpaare versuchten, andere Störche zu vertreiben, um deren Küken zu übernehmen
EBENWEILER - Mit dem Jahrgang 2022 ist Ebenweilers Storchenpopulation auf 18 bewohnte Horste angewachsen. Allerdings hält sich der Bruterfolg – auch gegenüber den Vorjahren – in Grenzen: Bis zum Termin der Beringung zählte Ute Reinhard, Storchenbeauftragte des Regierungspräsidiums, nur 21 Jungstörche.
In einigen Horsten wird zwar noch gebrütet, aber an der bescheidenen Erfolgsquote wird sich dennoch nicht mehr viel ändern. Gründe dafür sieht die Storchenschützerin in dieses Jahr besonders lästigen marodierenden „Halbstarken“, die ihre Artgenossen schon bei der Vorbereitung der Nester und später beim Brüten massiv störten. Zwei heftige Gewitterstürme forderten viele Opfer unter den eben Geschlüpften, und veranlassten außerdem Elternpaare, die ihren eigenen Nachwuchs verloren hatten, zum Versuch, andere Brutpaare zu vertreiben, um deren Küken zu übernehmen.
Allen Gefahren trotzend hat im Horst auf dem Rathaus das Paar aus dem Vorjahr drei gesunde kräftige Junge aufgezogen, die Reinhard mit zwei weiteren Jungstörchen aus der Oberhofstraße ins zentrale Register in Radolfzell eintragen lassen wird. Unter www.störche-oberschwaben.de sind dort sämtliche in Oberschwaben während Jahrzehnten beringten Störche detailliert aufgelistet. Die flächendeckend wachsenden Populationen erlauben jedoch nicht mehr die in früheren Jahren nahezu lückenlose Beringung. Das bedeutet, Ute Reinhard wird zukünftig nicht mehr jeden neu zugezogenen Storch mit
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Im Horst schräg gegenüber Ebenweilers Rathaus brütete dieses Jahr eine 2020 am Affenberg besenderte Störchin. Die Tiere zu besendern ist nicht einfach: Erst im Alter von mindestens sieben Wochen sind sie groß genug, um mit dem nicht mitwachsenden Sender ausgerüstet zu werden. Der Instinkt, sich bei Gefahr tot zu stellen, erleichtert bis zum Alter von fünf bis sechs Wochen das Beringen. Dieser Instinkt wird mit wachsendem Gefieder und beginnenden Flugübungen durch Fluchtversuche ersetzt, und die noch flugunfähigen Vögel riskieren abzustürzen.
Zum Bedauern Ute Reinhards hatte Ebenweilers Freiwillige Feuerwehr das in früheren Jahren traditionelle „Storchenfeschtle“nicht wiederbelebt. Der Anwältin Adebars fehlte deshalb das Publikum für ein Anliegen, das ihr sichtlich am Herzen liegt: Gegner der stolzen Vögel verbreiten neuerdings die These, Störche förderten durch massenweises Vertilgen von Regenwürmern die Verdichtung wertvoller Ackerböden. Mit akribischer Rechenarbeit stellt Reinhard der Anzahl in einem Kubikmeter Ackerboden lebender Würmer und der für ihre Ausrottung erforderlichen Störche den Schaden gegenüber, den moderne landwirtschaftliche Maschinen dem Ackerboden zumuten, und kommt zum Ergebnis, dass der Schaden, den Störche anrichten, nicht sehr groß ist.