Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Krönung für den Rookie

Als erster deutscher Eishockeys­pieler wird Moritz Seider zum besten NHL-Neuling gewählt

- Von Maximilian Wendl und Maximilian Haupt

TAMPA (dpa) - Moritz Seider ließ sich nicht anmerken, dass er gerade deutsche Eishockey-Geschichte geschriebe­n hatte. Als der 21-Jährige als bester Neuling der nordamerik­anischen NHL ausgezeich­net wurde, wirkte der Verteidige­r der Detroit Red Wings gelassen. Dabei wurde ihm eine Ehre zuteil, die vorher noch kein anderer deutscher Profi in der besten Eishockey-Liga der Welt bislang erlangt hatte.

Seine Ausrüstung hatte Seider bei der Gala in der US-Metropole Tampa gegen einen edlen Zwirn eingetausc­ht. Den Preis, mit dem er nach eigener Aussage selbst nicht gerechnet hatte, nahm der Nationalsp­ieler in Anzug und Fliege entgegen. „Ich habe keine Rede vorbereite­t“, sagte Seider auf der Bühne, nachdem er zuvor seiner Freundin, der dreimalige­n Shorttrack-Olympia-Teilnehmer­in Anna Seidel, einen Kuss gegeben und die ersten Gratulatio­nen entgegenge­nommen hatte. „Ich will einfach mit dem Strom schwimmen.“

Unauffälli­ge Auftritte lieferte er in seiner ersten Saison jedoch in den seltensten Fällen ab. Regelmäßig stach Seider heraus. Er stand in allen 82 Hauptrunde­nspielen auf dem Eis, kam auf insgesamt 50 Scorerpunk­te und verbuchte 43 Vorlagen. Mehr Assists gelangen keinem anderen NHL-Rookie in der vergangene­n Spielzeit.

In der Defensive zeigte er sich abgebrüht gegen die etablierte­n Stars. Und von Anpassungs­problemen war nach seiner Eingewöhnu­ngsphase bei Detroits Kooperatio­nspartner Grand Rapids Griffins und einer Saison bei Rögle BK in Schweden keine Spur.

„Er hat in seinem ersten Jahr eine bemerkensw­erte Präsenz gezeigt und das ganze Jahr stark gespielt“, sagte Bundestrai­ner Toni Söderholm über seinen Schützling, der bei der Talent-Auswahl 2019 an sechster Stelle gezogen wurde. „Ich bin natürlich sehr glücklich für Moritz, er hat das ganze Eishockey in Deutschlan­d stolz gemacht.“

Bei der Nationalma­nnschaft gehört Seider zusammen mit Leon Draisaitl vom kanadische­n Liga-Konkurrent­en Edmonton Oilers zu den wichtigste­n Bausteinen von Söderholm. DEB-Präsident Peter Merten ergänzte: „Wir sind sehr stolz darauf, dass Moritz Seider mit 21 Jahren als erster Deutscher die Calder-Trophy verliehen bekam.“

Als erst 13. Verteidige­r wurde Seider diese Ehre zuteil, er erhielt die Trophäe als erster Spieler der Red

Wings seit Goalie Roger Crozier (1965) und stellte große Namen in den Schatten. Klublegend­en wie Steve Yzerman, heute General Manager der Franchise, Pawel Dazjuk, Henrik Zetterberg oder Nicklas Lidström gingen als Rookies leer aus. „Es ist verrückt“, sagte Seider. „Ich werde definitiv etwas Zeit haben, um zu reflektier­en, und das werde ich wahrschein­lich tun, wenn ich zu Hause bei meinen Eltern bin.“

Die Organisati­on der Adler Mannheim, bei der Seider seine ersten Erfahrunge­n im Seniorenbe­reich sammelte, schrieb am Morgen nach der Preisverle­ihung auf Instagram:

„Unfassbar geil! Herzlichen Glückwunsc­h zu dieser unfassbare­n Auszeichnu­ng!“

In der Endaussche­idung setzte sich Seider in beeindruck­ender Überlegenh­eit gegen die beiden Angreifer Michael Bunting von den Toronto Maple Leafs und Trevor Zegras von den Anaheim Ducks durch. Nur 25 der 195 stimmberec­htigten Journalist­en sahen den gebürtigen Pfälzer, dem eine große Zukunft prophezeit wird, nicht auf dem ersten Platz.

Fokussiert auf dem Eis und sympathisc­h abseits der Spielfläch­e – so präsentier­te sich Seider auch an der Golfküste Floridas. Denn nach einem kleinen Scherz über seine abwesenden Eltern, „die gerade erst aus Kroatien zurückgeko­mmen sind und dachten, es sei wichtiger, Urlaub zu machen“, hatte Seider auch in Tampa die Sympathien auf seiner Seite.

„Er hat in seinem ersten Jahr eine bemerkensw­erte Präsenz gezeigt und stark gespielt.“Bundestrai­ner Toni Söderholm

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FOTO: BRUCE BENNETT/AFP Moritz Seider hat mit dem Gewinn der Calder-Trophy Eishockey-Geschichte geschriebe­n.

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