Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Baden-Württembergs Wirtschaft begrüßt Alarmstufe – Hoffmeister-Kraut fordert Entlastungspaket
Die Wirtschaft in Baden-Württemberg begrüßt, dass die Bundesregierung die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen hat. „Das ist ein logischer und richtiger Schritt“, sagt Thomas Widder, Sprecher der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) der „Schwäbischen Zeitung“. „Die Bundesregierung erweitert so ihre Möglichkeiten, sich auf eine weitere Verschärfung der Gasversorgungssituation vorzubereiten.“So könne es noch ohne staatliche Intervention gelingen, die Versorgung für den Herbst und Winter sicherzustellen. „Das Füllen der Gasspeicher muss absoluten Vorrang vor der Stromerzeugung aus Gas haben – stattdessen können Kohlekraftwerke in einem begrenzten Zeitraum wieder Strom erzeugen“, sagte Widder weiter. Als besonders gefährdet nennen die UBW die Chemiebranche.
„Gleichzeitig sind die Verflechtungen innerhalb der Wertschöpfungsketten derart vielfältig, dass sehr rasch zahlreiche andere Branchen und auch Lebensbereiche erreicht würden“, sagte Widder.
Die baden-württembergischen Chemieunternehmen fordern ihrerseits einen klaren Plan zur Gas-Verteilung, sollte es zu ernsthaften Engpässen kommen. „Wir erwarten von der Politik eine sachgerechte Abwägung, in welchen Sektoren gespart werden kann und wo Gas als Energieträger ersetzt werden kann“, sagte Andreas C. A. Fehler, Sprecher des Verbands Chemie BW, der „Schwäbischen Zeitung“. „Die Auswirkungen, wenn der Chemie- und Pharmaindustrie das Gas abgedreht wird, wären für die gesamte industrielle Lieferkette katastrophal – weit über den Chemie-Bereich hinaus.“Erforderlich sei ein transparentes Verfahren, das
„die unvermeidlichen Lasten so gerecht und erträglich wie möglich auf alle Gasverbraucher verteilt.“Besonders betroffen sind Grundstoffhersteller, die Erdgas nicht als Energieträger, sondern als Ausgangsrohstoff für ihre Produkte nutzen, aber auch jedes Unternehmen, das abhängig ist von Vorlieferanten aus diesem Bereich.
Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrieund Handelskammertages (BWIHK), fordert, dass die Kostenbelastungen zwischen Gasversorgern und Gaskunden fair ausgeglichen werden müssen. „Sonst laufen wir Gefahr, dass insbesondere Unternehmen in der energieintensiven Industrie ihre Produktion einstellen müssen und als Folge Insolvenzen drohen“, erklärte der BWIHK-Präsident.
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) ging am Donnerstag noch einen Schritt weiter. „Die konjunkturelle Entwicklung ist abgeflacht, und die Gefahr einer Rezession ist akut“, sagte HoffmeisterKraut. „Deshalb brauchen wir dringend ein Entlastungspaket für die Wirtschaft, um ein Abgleiten in die Rezession zu vermeiden.“
Bei der Alarmstufe melden regionale Versorger wie die Technischen Werke Schussental (TWS) in Ravensburger oder die Stadtwerke am See in Friedrichshafen stetig Gasfluss und Netzkapazitäten. Tritt die Notfallstufe in Kraft, kann die Bundesnetzagentur die Abregelung von Verbrauchern anweisen. Die Versorger müssen in diesem Fall die ermittelten Einsparpotenziale dann umsetzen. (ben/dpa)