Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wildtiere zieht es in die Stadt
Leser berichten über immer mehr Füchse und Rehe in der Ravensburger Innenstadt
RAVENSBURG - Vor einer Woche hat die „Schwäbische Zeitung“über Sichtungen von Rehen in der Ravensburger Federburg- und Banneggstraße berichtet. Diese Tiere sind offenbar keine Einzelfälle, wie etliche Leserinnen und Leser mitteilen. Auch andere Wildtiere sind dort unterwegs, wo man sie nicht vermuten sollte – mitten in der Stadt.
Den Marder kennen alle. Er tummelt sich seit Jahrzehnten in den Städten. Aus dem ehedem in Steinbrüchen und Felslandschaften hausenden Steinmarder ist längst ein Zivilisationsfolger geworden, der Stadtmenschen auf die Nerven geht, weil er Autokabel zerbeißt und es sich gerne häuslich auf Dachböden einrichtet. Dort ist es trockener, geräumiger und wärmer als in der Natur.
Aber auch andere Wildtiere wie Fuchs, Hase und Waschbär haben sich längst in Richtung der Innenstädte orientiert. So wurde das hessische Kassel vor einiger Zeit zur „Waschbären-Hauptstadt Europas“ernannt, weil dort in vielen Stadtteilen zugezogene Waschbären nachts die Mülltonnen plündern, um dann satt und müde auf Dachböden zu schlafen.
Nach der Berichterstattung über Rehe in der Ravensburger Federburgund Banneggstraße meldeten sich zahllose Leser bei der „Schwäbischen Zeitung“. Denn sie kennen das Phänomen bereits. Dort steht morgens ein Reh vor der Haustür oder frisst die Rosenknospen im Garten.
In der Berliner Straße in Schornreute ziehen am helllichten Tag Füchse ihre Runde, lassen sich auch nicht durch Lärm und Verkehr aus der Ruhe bringen. Vom Friedhof auf St. Christina wird berichtet, dass dort Blumen auf Gräbern, vermutlich von Rehen, regelmäßig abgefressen werden. Und in den Schrebergärten am Veitsburghang sollen es sich inzwischen sechs Rehe gemütlich eingerichtet haben. All die genannten Wildtiersichtungen gab es in Wohngebieten
am Ravensburger Stadtrand. Naturschützer wundert diese Zunahme von Wildtieren in Innenstädten kaum. Die Gründe:
Immer mehr Menschen zieht es ins Grüne. In den Wäldern sind Spaziergänger und Mountainbiker unterwegs, was die Tiere belästigt.
In den Städten gibt es Parkanlagen, Friedhöfe, private Gärten. Dort finden Tiere mehr Wildnis als zum Beispiel auf Monokulturen wie in Maisfeldern.
In Gärten und an Häusern gibt es reichlich Nahrung. Dort werden Wildtiere nicht von natürlichen Feinden belästigt und in der Regel nicht bejagt.
In der Stadt ist es wärmer als im Wald. Und dort findet man auch hier oder da leichter Unterschlupf.
Auch wenn sich mancher Mensch über den Anblick eines Rehs im heimischen Garten freut, kann eine derartige Begegnung nicht ganz ungefährlich sein. Daher raten Experten, sich von den Tieren fern zu halten und sie auf keinen Fall zu füttern. Mülltonnen sollten gut verschlossen sein oder in Innenräumen, wenn möglich, abgestellt werden. Ebenso sei es wichtig, Haustiere wie Hasen oder Hühner, die in einem Stall im Garten leben, gut zu sichern. Auch Katzenklappen sollten nachts verschlossen werden, da sie für kleinere Wildtiere als Eingangstür benutzt werden könnten.