Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vor jedem Beschluss kommt das Klimazeugnis
Entscheidungen werden in Ravensburg künftig auf ihre Wirkung auf die Umwelt geprüft
RAVENSBURG (fh) - Die Stadträte in Ravensburg wissen künftig bei jeder Entscheidung nicht nur, was dieser Beschluss kostet, sondern auch, welche konkreten Auswirkungen er auf das lokale Klima hat. Die Einführung eines entsprechenden Instrumentes mit dem sperrigen Namen „Klimawirkungsprüfung“hat der Umweltund Verkehrsausschuss am Mittwoch befürwortet. Jeder Sitzungsvorlage ist von Januar an eine Art Klimazeugnis angefügt. Nicht jeder fand das in dieser Form sinnvoll.
Den Klimaschutz zum festen Bestandteil jeder Entscheidung zu machen, hatte der Gemeinderat schon vor zwei Jahren beschlossen. Jetzt gibt es dafür eine Bewertungsgrundlage, die das Umweltamt erarbeitet hat. Zum einen werden mit deren Hilfe mögliche Beschlüsse von den Fachämtern und dem Umweltamt vorab quantitativ bewertet: Anhand von Zahlen und auf die Stadt Ravensburg heruntergebrochenen Grenzwerten beim ökologischen Fußabdruck. Ein zweiter Teil dient der Einordnung und dem Aufzeigen von Alternativen. 10 bis 15 Prozent einer Stelle fallen dafür in der Verwaltung an.
Bürgermeister Dirk Bastin hält das für ein „tolles Konzept“: „Pragmatisch, ohne zu viel Aufwand zu produzieren. Nicht zu kompliziert, aber sehr hilfreich.“Das sieht auch Maria Weithmann von den Grünen so: „Eine sehr transparente Vorlage. Sinn macht das aber nur, wenn wir dieser Entscheidungsgrundlage auch einen Stellenwert zumessen, sonst ist sie den Aufwand nicht wert.“Möglichst nach einem Jahr wollen die Grünen das Instrument deshalb evaluieren.
Helmut Grieb von der CDU hält es ebenfalls für „wichtig, dass die Wirkungen unserer Beschlüsse in jeder Hinsicht zu sehen sind“. Grieb will allerdings die Verhältismäßigkeit gewahrt wissen: „Man muss unterscheiden zwischen großen Projekten und Alltagsbeschlüssen, die uns und die Verwaltung nicht zu stark beschäftigen sollten.“
Zustimmung bei Jürgen Hutterer von den „Bürgern für Ravensburg“: „Die Prüfung ist sinnvoll, allerdings vor dem Hintergrund von Machbarkeit und Finanzierbarkeit. Das sind schon auch Kosten, die hier entstehen.“Markus Waidmann (FDP) lehnte mit einer ähnlichen Begründung den Vorschlag ab: „Diese Prüfung über alle Sitzungsvorlagen laufen zu lassen, kann nicht sinnvoll sein. Wir behindern uns nur selbst und priorisieren nicht. Die Bürokratie nimmt zu.“
Derweil vermissen die Grünen eine Verzahnung des Gemeinderates mit dem im März 2021 eingerichteten Klimarat, der bislang zweimal getagt hat. Maria Weithmann: „Es wäre schlecht, wenn sich da eine Parallelkommission bilden würde ohne Bezug zu aktuellen politischen Themen. So wie es jetzt läuft, ist es nicht zufriedenstellend. Wir müssen die weiteren Aufgaben der Klimaräte definieren und ein Monitoring einrichten.“