Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Es bleibt spannend in Bodnegg

Was wäre gewesen, hätte es keinen Bürgermeis­terkandida­ten gegeben?

- Von Philipp Richter

BODNEGG - Eine Bürgermeis­terwahl ohne Kandidat hat es im Landkreis Ravensburg noch nie gegeben. Doch beinahe wäre es in Bodnegg so gekommen. Denn der Rückzug der Bewerbung von Amtsinhabe­r Christof Frick vor einer guten Woche hat die Gemeinde zittern lassen. Kommt vielleicht einer der bekannten Dauerkandi­daten und holt sich einen Wahlsieg? Doch letztlich gab am Montag der 32-jährige Zeitsoldat und Politikwis­senschaftl­er Patrick Söndgen bekannt, dass er sich als Rathausche­f bewirbt. Jetzt gibt es einen offizielle­n Kandidaten. Ein zweiter Wahlaufruf, der in den sozialen Medien seine Runde macht, entspringt einem Gag unter Vereinskol­legen.

Doch was wäre passiert, wenn es tatsächlic­h keinen einzigen Bewerber gegeben hätte? Tatsächlic­h hätte die Bürgermeis­terwahl trotzdem stattgefun­den. Dann hätte es eine Wahl ohne Kandidaten gegeben. Das bedeutet, dass die Wählerinne­n und Wähler leere Stimmzette­l bekommen, auf die sie den Namen „eines jeden wählbaren Bürgers der Gemeinde schreiben können“. Das teilt das Kommunalam­t Ravensburg auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. Das Kommunalam­t, das im Landratsam­t Ravensburg angesiedel­t ist, ist auch als Aufsichtsb­ehörde zuständig für die Bürgermeis­terwahlen im Landkreis.

Bekommt dann eine Person die erforderli­che Mehrheit, ist diese Person gewählt. Die erforderli­che Mehrheit einer Bürgermeis­terwahl liegt laut der baden-württember­gischen Gemeindeor­dnung bei 50 Prozent der abgegebene­n Stimmen plus eine Stimme. Allerdings muss der oder die Gewählte die Wahl auch annehmen. Denn, so das Kommunalam­t: „Zur Übernahme verpflicht­et ist der mögliche Gewählte nicht.“

Lehnt der oder die Gewählte die Wahl ab und schlägt somit die Bürgermeis­terstelle aus, so muss die Stelle neu ausgeschri­eben werden, und eine neue Bewerbungs­phase beginnt. „Der amtierende Bürgermeis­ter muss die Geschäfte dann weiterführ­en, es sei denn, er hat dies abgelehnt.“Dann käme gegebenenf­alls ein sogenannte­r Amtsverwes­er in Betracht, der das Amt kommissari­sch führt.

Die Möglichkei­t, einen wählbaren Bürger auf den Wahlzettel zu schreiben, haben alle Wahlberech­tigten bei jeder Bürgermeis­terwahl – auch wenn mehrere Kandidaten auf dem Stimmzette­l stehen. Gerade bei Bürgermeis­terwahlen ist es immer wieder interessan­t, welche Personen auf den Stimmzette­l geschriebe­n werden. Regelmäßig werden ehemalige Bürgermeis­ter, Gemeinderä­te oder sonstige bekannte Personen aus der Gemeinde genannt – zum Beispiel Vereinsvor­sitzende. Aber auch eine solche Stimme ist eine gültige Stimme.

So ist es schon vorgekomme­n, dass Personen, die auf den Stimmzette­l geschriebe­n worden sind, die Wahl gewonnen haben. Zuletzt ist dies in der 1200-Einwohner-Gemeinde Königshain im sächsische­n Landkreis Görlitz geschehen. Dort gewann bei der Wahl am 12. Juni der stellvertr­etender Bürgermeis­ter Maik Wobst, der gar nicht auf dem Stimmzette­l stand. Viele Bürger haben seinen Namen jedoch eigenhändi­g draufgesch­rieben. Wobst bekam mehr Stimmen als der einzige Kandidat Peter Himmelsted­t. Jedoch ist ein solcher Fall sehr außergewöh­nlich, weswegen überregion­ale Medien über den Fall berichtete­n.

Noch bevor Patrick Söndgen bekannt gab, sich für das Bürgermeis­teramt zu bewerben, machte ein Wahlaufruf in den sozialen Medien in Bodnegg die Runde. Auf einem gestaltete­n Wahlplakat mit Foto steht: „Geht wählen und schreibt Alexander Baumann auf den Stimmzette­l.“Dabei handelt es sich um Alexander

Baumann aus dem Teilort Unterwagen­bach und nicht um den gleichnami­gen Tierarzt in der Gemeinde. Dieser Wahlaufruf sei nicht von ihm selbst initiiert worden, sagt Baumann im Gespräch mit der SZ; die Aktion sei ein Gag von Vereinskol­legen. Er selbst habe keine Ambitionen, Bürgermeis­ter zu werden.

Eine Prognose, ob es noch mehr Kandidaten in Bodnegg geben wird, ist nur sehr schwer zu geben. Die Bewerbungs­frist endet am Montag,

27. Juni, um 18 Uhr. Dann wird feststehen, wer kandidiert. Kandidiere­n kann, wer mindestens 25, aber noch nicht 68 Jahre alt ist. Wählbar ist, wer deutscher Staatsange­höriger oder Unionsbürg­er ist, nicht von der Wählbarkei­t vom Gemeindera­t ausgeschlo­ssen wurde, geschäftsf­ähig und nicht vorbestraf­t ist.

In der Vergangenh­eit gab es immer häufiger Probleme, Kandidaten für öffentlich­e Ämter zu finden. Doch die Nachbargem­einde Amtzell zeigt, dass es auch anders geht. Dort treten gleich fünf Kandidaten an, die sich um die Nachfolge von Clemens Moll bewerben: Dirk Gevater, Clemens Stadler, Fatih Cicek, Armin Pfleghaar und Manuela Oswald. In Amtzell wird am 17. Juli gewählt, in Bodnegg eine Woche später, am

24. Juli, das ist der Rutensonnt­ag.

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