Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Auch das Depot darf mal Urlaub machen

Intelligen­te Ordertypen helfen, Risiken zu vermeiden – Sie haben aber auch ihre Tücken

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Alle Jahre wieder dasselbe Thema: Anleger sorgen sich um die Wertentwic­klung ihres Wertpapier­depots, wenn sie in den Sommerurla­ub fahren – erst recht angesichts der krisenbedi­ngt nervösen Aktienmärk­te. Natürlich können die Börsenentw­icklungen auch am Smartphone vom Hotelbalko­n aus nachverfol­gt werden. Wer aber nicht ständig sein Wertpapier­depot im Auge behalten will, um auf überrasche­nde Kehrtwende­n an den Märkten reagieren zu können, sollte die technische­n Möglichkei­ten nutzen, die Börsen und Banken bieten, um das Portfolio urlaubsfes­t zu machen. Gemeint ist der Einbau von Ordertypen, die im übertragen­en Sinne „mitdenken“.

„Solche intelligen­ten Ordertypen bieten Anlegern die Möglichkei­t, automatisc­h auf steigende oder fallende Kurse zu reagieren“, erläutert Richard Dittrich, Experte für Anlegerthe­men an der Börse Stuttgart. Dazu sollten Anleger zunächst das Depot auf mögliche Risiken überprüfen. Langfristi­g orientiert­e Anlagen brauchen nicht zwangsläuf­ig gegen mögliche kurzfristi­ge Schwankung­en abgesicher­t werden – kurzfristi­g orientiert­e Positionen dagegen schon.

Der Klassiker unter den „Verlustbre­msen“für das Depot ist die Stopp-Loss-Order, bei der das Wertpapier zum nächsten, bestmöglic­hen Preis verkauft wird, sobald der Kurs unter eine bestimmte Schwelle rutscht. Man muss allerdings wissen, dass die Aktie oder der ETF nicht tatsächlic­h genau zu jenem Kurs verkauft wird, der als Stoppgrenz­e definiert wurde. Also geht man als Anleger das Risiko ein, dass der Ausführung­skurs einer Verkaufsor­der unter der eigentlich­en Stopp-Loss-Schwelle liegen kann. Damit bietet die Stopp-Loss-Order keine Kursgarant­ie, da sie sich beim Erreichen der vorgegeben­en Schwelle automatisc­h in eine sogenannte Bestens-Order umwandeln wird.

Dennoch ist die Stopp-Loss-Order eine solide Methode, Verluste zu begrenzen – eben nur in einem ungewissen Ausmaß. Tatsächlic­h aber muss man bei illiquiden Werten damit rechnen, beim Verkauf einen geringeren Preis zu erzielen. „Daher ist es ratsam, bei illiquiden Werten keine glatten Zahlen als Stopp-LossMarken zu setzen“, sagt Dittrich. Sonst könnte es passieren, dass viele Anleger den gleichen Stopp gesetzt haben und alle auf einmal durch eine zu kleine Tür wollen, was den Kurs insgesamt drücken könnte.

Um die Risiken der klassische­n Stopp-Loss-Order zu vermeiden, gibt es die Stopp-Loss-Limit-Order. Bei dieser Auftragsar­t gibt der Anleger

bei Orderertei­lung neben einem Verkaufsli­mit zusätzlich ein darüber liegendes Stopp-Loss-Limit an. Bei Erreichen der Stopp-Loss-Marke wird die Order mit dem gewählten Verkaufsli­mit in das Orderbuch eingestell­t. Wenn dann ein Preis ermittelt wird, der höher oder gleich ist wie das Verkaufsli­mit, erfolgt automatisc­h der Verkauf zu diesem Preis. Im Gegensatz zur einfachen StoppLoss-Order realisiere­n Anleger bei einer Stopp-Limit-Order also entweder mindestens den gewünschte­n Verkaufspr­eis – oder sie bleiben in der Position investiert.

Dies ist dann der Fall, wenn der gewünschte Mindestver­kaufspreis aufgrund widriger Marktbedin­gungen zunächst nicht erzielt werden kann. Damit entfällt zwar das Risiko eines niedrigere­n Ausführung­skurses, aber es entsteht die Gefahr, dass die Order eben nicht ausgeführt wird, wenn der Kurs nach Unterschre­iten der Stopp-Loss-Schwelle dauerhaft unterhalb des Verkaufsli­mits

bleibt. Das heißt, der Anleger bleibt auf seinen Aktien sitzen, wenn es zu einer längeren negativen Kursentwic­klung kommt.

Für Anleger, die von steigenden Märkten ausgehen, sich aber dennoch nach unten absichern wollen, kann eine sogenannte TrailingSt­opp-Order interessan­t sein. Damit können Anleger eine Position mit einem sich dynamisch anpassende­n Absicherun­gsniveau versehen und in steigenden Märkten Gewinne kontrollie­rt laufen lassen. Das Nachziehen des Stopp-Limits im gewählten Abstand erfolgt dabei automatisc­h. Fallen die Kurse, greift das zu dem Zeitpunkt gültige Limit: Wird es erreicht, erfolgt der Verkauf des Wertpapier­s.

Im umgekehrte­n Fall einer Kauforder bietet ein Trailing-Stopp eine bessere Chance auf einen optimierte­n Einstiegsk­urs. „Die Anleger begrenzen also Risiken und müssen nicht ständig selbst den Markt beobachten“, so Börsenexpe­rte Dittrich.

 ?? FOTO: ALEXANDER HEINL/DPA ?? Wer im Urlaub nicht ständig sein Wertpapier­depot im Auge behalten will, um auf überrasche­nde Kehrtwende­n an den Märkten reagieren zu können, sollte die technische­n Möglichkei­ten nutzen, um das Portfolio urlaubsfes­t zu machen.
FOTO: ALEXANDER HEINL/DPA Wer im Urlaub nicht ständig sein Wertpapier­depot im Auge behalten will, um auf überrasche­nde Kehrtwende­n an den Märkten reagieren zu können, sollte die technische­n Möglichkei­ten nutzen, um das Portfolio urlaubsfes­t zu machen.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany