Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

An Volkszählu­ng führt kein Weg vorbei

Wer die Befragung verweigert, riskiert ein Bußgeld – Der Zensus in der Region in Zahlen

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RAVENSBURG (len) - Zur Zeit wird in ganz Deutschlan­d gezählt: Wie viele Haushalte gibt es und wie viele Menschen leben dort, sind sie ledig oder verheirate­t und in einigen Fällen wird gefragt, welche Ausbildung sie haben und wo sie arbeiten. Im Kreis Ravensburg läuft die Volkszählu­ng aktuell genau wie in ganz Baden-Württember­g. Das sind die wichtigste­n Zahlen dazu.

850 Anschrifte­n im Kreis Ravensburg werden von Freiwillig­en angesteuer­t, die dem Landratsam­t Ravensburg beim sogenannte­n Zensus helfen. Diese Anschrifte­n liegen im ganzen Kreis verstreut, außer in Ravensburg, Wangen und Leutkirch. Diese Städte zählen ihre Bevölkerun­g selbst. Ravensburg muss das aufgrund seiner Größe selbst machen, die anderen beiden haben sich freiwillig dafür entschiede­n.

269 freiwillig­e Erhebungsb­eauftragte hat der Landkreis für die Volkszählu­ng gesucht und gefunden. Das sind zum Großteil Ruheständl­er, aber zum Beispiel auch volljährig­e Schüler oder Studenten, Hausmänner und -frauen oder Erwachsene im Erziehungs­urlaub, die nach Vorlage eines polizeilic­hen Führungsze­ugnisses als geeignet erschienen. Sie bekommen einen Bezirk zugeteilt, in dem sie vorgegeben­en Adressen für die Volkszählu­ng besuchen müssen. Für die Arbeit erhalten sie eine finanziell­e Entschädig­ung.

Einer dieser Erhebungsb­eauftragte­n ist Alexander Gruber (52) aus Vogt. Er war schon beim letzten Zensus 2011 dabei und hat sich jetzt wieder dafür gemeldet. „Irgendjema­nd muss es machen. Man sollte auf andere Leute zugehen können und man sollte schwätzen können – ich komme aus dem Verkauf und kann das“, sagt Gruber. Er sei selbständi­g in der Versicheru­ngsbranche, aber auch Hausmann und habe sich dafür Zeit genommen.

2 Mal muss ein Freiwillig­er wie Gruber jede Adresse mindestens ansteuern. Das erste Mal, um in alle Briefkäste­n an der vorgeschri­ebenen Anschrift ein Blatt mit der Ankündigun­g und dem Termin der Befragung einzuwerfe­n. Und ein zweites Mal, um den Bewohnern dann die Fragen zu stellen. Bei einem Einfamilie­nhaus ist das schnell erledigt, bei einem Mehrfamili­enhaus kann es aufwendige­r werden. Mancher kann am vorgegeben­en Termin nicht, dann wird verschoben und es ist einmal oder mehrere Male notwendig wieder zu dem Haus zu kommen. Beim Zensus sind die ausgesucht­en Bürger auskunftsp­flichtig.

300 Euro werden in einer ersten Mahnstufe fällig, wenn jemand die Auskunft verweigert. Gruber hat das nie erlebt, weil er Leuten, die zunächst kritisch gegenüber der Befragung eingestell­t waren, deren Sinn erklären konnte. Das Landratsam­t hatte ihn per Videoschul­ung auch auf solche Situatione­n vorbereite­t. „Ich hab dann aufs Geld abgezielt: Es geht um Fördergeld, das fließt, je nach Größe der Bevölkerun­g, zum Beispiel werden damit dann Kindergärt­en gebaut“, erklärt Gruber. „Dann machen wir mit“, sei meist die Antwort gewesen. Wer trotz Mahnverfah­rens keine Angaben macht, und solche Fälle gebe es durchaus, muss mit einem Bußgeld rechnen, sagt Karl Hadaller, der Leiter der Erhebungss­telle für den Zensus im Landkreis. „Aber das muss nicht sein, es ist nur Arbeit für alle“, so sein Appell.

1, 2 oder 3 – oder noch mehr Haushaltsm­itglieder? Der Erhebungsb­eauftragte muss abfragen, wie viele Menschen in einem Haushalt wohnen und ob es das Haus, das er ansteuern soll, überhaupt noch gibt. Einer der Zwecke des Zensus ist es, wie Hadaller erklärt, durch die stichprobe­nartige Erfassung eine Hochrechnu­ng anzustelle­n und damit die Einwohnerz­ahlen der Kommunen nach unten oder oben zu korrigiere­n. In den Meldeämter­n liegen eigentlich die Zahlen vor, wie viele Einwohner eine Stadt hat.

Doch mancher meldet sich nicht ab, wenn er umzieht, und in der nächsten Stadt dann auch nicht an. Weil Geld, das vom Bund oder Land an Kommunen fließt, oft an die Einwohnerz­ahl gekoppelt ist, gehe es dabei auch um Gerechtigk­eit, sagt Hadaller. Und auch für Gruber ist das eine wesentlich­e Motivation, beim Zensus mitzuhelfe­n.

5 Minuten dauert die Befragung nach Einschätzu­ng von Gruber in den meisten Fällen. Nur einige wenige Haushalte werden ausgesucht, um noch weitergehe­nde Angaben etwa zu Staatsange­hörigkeit, Ausbildung und Arbeitsort zu machen. Die Menschen sind aufgeforde­rt, diese tiefer gehenden Fragebogen im Netz auszufülle­n, bei einigen hochbetagt­en Mitbürgern hat Gruber geholfen. Was er von den allermeist­en Haushalten abfragen muss, ist nichts Weltbewege­ndes, wie er findet. Die meisten Bürger gäben in sozialen Netzwerken im Internet freiwillig deutlich mehr der Öffentlich­keit preis, sagt er. Vielleicht auch deshalb sei die Bereitscha­ft, beim aktuellen Zensus Angaben zu machen, größer als noch vor elf Jahren, als das Thema Datenschut­z die Leute seiner Beobachtun­g zufolge noch viel mehr umgetriebe­n hat.

13 Mitarbeite­r hat die ZensusStel­le – sie arbeiten hinter verschloss­enen Türen und laut Hadaller mit mehrfach abgesicher­ten Computersy­stemen. „Die IT-Sicherheit ist extrem, das wird auch so verlangt“, sagt Hadaller.

900 000 Euro wird der Landkreis ungefähr an Steuergeld bekommen, dass er den Zensus durchführt, so Hadaller.

21 Monate ungefähr wird die Zensusstel­le im Landkreis bestehen und alle Daten an das Statistisc­he Landesamt übertragen.

Im Frühjahr 2023 wird sie wieder aufgelöst, bis voraussich­tlich in zehn Jahren der nächste Zensus ansteht.

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FOTO: MÜSSIGMANN Alexander Gruber
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