Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Keine Chance für Behelfsbrücke
Wangen muss wohl mit Komplettsperrung der B32 klarkommen
WANGEN - Die Anzeichen verdichten sich immer mehr, dass Wangen im kommenden Jahr mit einer monatelangen Komplettsperrung der Bundesstraße 32 in Herfatz leben muss, wenn die dortige Brücke über die Untere Argen erneuert wird. CDUBundestagsabgeordneter Axel Müller (Archivfoto: Drescher) sieht für eine Behelfslösung jedenfalls keine Chancen mehr – betont aber, dass es in den vergangenen Monaten ernsthafte Bemühungen dazu gegeben habe. Sogar eine Gesetzesänderung sei kurzzeitig im Gespräch gewesen.
Doch der Reihe nach: Im zurückliegenden Winter haben nach Schilderung Müllers Wangens OB Michael Lang und Teile des Gemeinderats ihn in der Angelegenheit um Hilfe gebeten. Ende Januar sei er deshalb beim Regierungspräsidium (RP) Tübingen vorstellig geworden. Wesentliches Ergebnis des Gesprächs, so Müller: Auch für den Bau einer Behelfsbrücke bräuchte es ein komplettes, eigenes Planfeststellungsverfahren. So wolle es das Bundesfernstraßengesetz.
Dafür dürfte inzwischen aber die Zeit zu knapp sein. Denn wie Erfahrungen zeigen, kann ein solches Prozedere Monate, wenn nicht Jahre dauern, da es von Gutachten begleitet wird, etwa zur Umweltverträglichkeit. Und natürlich gibt es auch Klagerechte. Der Abgeordnete schätzt, dass im Fall einer Herfatzer Behelfsbrücke wohl ein Jahr für das Verfahren ins Land gehen dürfte – und das wäre wohl zu lang. Denn das eigentliche Bauwerk war wegen der Sanierung der Gallusbrücke in der Kernstadt bereits um ein Jahr, auf 2023, verschoben worden und soll schließlich zur Landesgartenschau im Folgejahr fertig sein.
Hinzu kommt, dass die B32 anschließend ebenfalls durch eine Großbaustelle belastet werden wird. Denn im Jahr 2025 soll die Beseitigung des Bahnübergangs starten. Der Bau der Unterführung dauert mehrere Jahre, die Herfatzer Brücke aber gilt als sehr marode und zeitig erneuerungsbedürftig.
Beim RP wurde nach Angaben Müllers auch eine Alternative debattiert, die keine Planfeststellung erfordert hätte: den Bau der Behelfslösung im so genannten Wiederlagerverfahren. Darunter ist zu verstehen, dass die Übergangsbrücke in der Nähe des vorgesehenen Standorts gebaut und dann als fertiges Konstrukt eingesetzt wird.
Dafür gab es vor wenigen Jahren in Wangen ein plastisches Beispiel, als die Eisenbahnbrücke über die Lindauer Straße über Monate hinweg direkt nebenan entstand und schließlich mit einem gewaltigen Kran auf den Bahndamm gehoben wurde. Aber auch das ist in Herfatz nicht möglich, erklärt Axel Müller. Die Tübinger Fachleute hätten verdeutlicht, dass dafür dort schlichtweg der Platz fehle.
Folgt man dem Abgeordneten, habe es im Mai quasi eine letzte Chance für eine Behelfslösung gegeben. Da tagte der Rechtsausschuss des Bundestags, Jurist Müller ist dort Mitglied, und es wurde über das Bundesfernstraßengesetz gesprochen. In diesem Zuge habe er den Paragrafen 17 thematisiert, dieser regelt
Planfeststellungverfahren, mit Blick auf Herfatz deren Wegfall bei provisorischen Lösungen vorgeschlagen, sei aber an der Mehrheit der Ampel-Koalition gescheitert. Doch warum stehen dann andernorts Behelfsbrücken? Rolf Keller, Vorsitzender des Wangener Wirtschaftskreises, hatte in der Einwohnerfragestunde der jüngsten Gemeinderatssitzung eine solche über den Grenzfluss Leiblach bei Lindau angesprochen. Axel Müller kann zu diesem konkreten Fall zwar nichts sagen, verweist aber auf die Rechtslage: Dort handele es sich um eine Straße von untergeordneter Kategorie, das Fernstraßengesetz beziehe sich aber auf Bundesstraßen.
Und ist dem Bund eine Behelfsbrücke in Herfatz tatsächlich zu teuer? Dies hatte in besagter Ratssitzung OB Michael Lang ins Feld geführt. Axel Müller glaubt, dass man dagegen hätte argumentieren können – und zwar wenn man die Kosten dafür in Relation setze zu Belastungen durch die Umleitungen für Autofahrer wie Anwohner, aber auch zusätzliche für die Umwelt wegen steigenden Spritverbrauchs. So aber kommt der Abgeordnete inzwischen nur noch zu einem Schluss: „Da ist in der Tat nichts mehr zu machen.“