Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zusammenhalt in der Krise
Krieg, Klimawandel, Lebensmittelknappheit: So viel Krise war selten bei einem G7-Treffen in den vergangenen fünf Jahrzehnten. Während die Staats- und Regierungschefs in Bayern eintrafen, ließ der russische Präsident Wladimir Putin die ukrainische Hauptstadt Kiew mit Raketen angreifen. Das war ein deutliches Signal in Richtung Westen. Umso wichtiger der gemeinsame Auftritt von US-Präsident Joe Biden und Gastgeber Bundeskanzler Olaf Scholz – und das klare Bekenntnis aller G7-Länder zur Unterstützung der Ukraine.
Der Krieg in der Ukraine hat Prozesse beschleunigt, die für die westlichen Industrienationen zunehmend zur Herausforderung werden. Schon zuvor war die Wirtschaft infolge der Corona-Pandemie wegen Lieferengpässen unter Druck geraten, jetzt kommen steigende Energiepreise obendrauf. Rund 800 Millionen Menschen hatten bislang nicht genug zu essen, Dürren und steigende Lebensmittelpreise könnten diese Zahl deutlich erhöhen. Der Klimaschutz sollte eigentlich oberste Priorität haben, doch die Angst vor einem Energienotstand lässt ihn zweitrangig erscheinen.
Deshalb ist es richtig und sinnvoll, dass sich die sieben Staats- und Regierungschefs von Angesicht zu Angesicht in den bayerischen Bergen treffen. Auch wenn ihre Gespräche nicht in allen Punkten zu konkreten Ergebnissen führen sollten, dienen sie doch der Selbstvergewisserung von Staaten, deren demokratisches Gesellschaftsmodell weltweit unter Druck geraten ist. Wirtschaft kann auch China, Freiheit und Meinungsfreiheit nicht. Das Gleiche gilt für Russland – auch unabhängig von Krim-Annexion und Angriffskrieg auf die Ukraine. Um im Wettbewerb mit diesen Autokratien bestehen zu können, müssen die G7-Staaten Verbündete in Schwellenländern gewinnen und sie überzeugen, dass globale Probleme nicht auf der Basis nationaler Egoismen gelöst werden können. Denn auch das zeigt der Ukraine-Krieg allzu deutlich: Wenn ein Land wie Indien mit Putin weiter Geschäfte macht, schadet das der europäischen Sanktionspolitik immens.