Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Dass es zu viele Kliniken gibt, ist hinlänglic­h bekannt“

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BERLIN - Professor Reinhard Busse (Foto: PR) forscht zur Krankenhau­sstruktur. Er soll nun helfen, die Klinikland­schaft zu reformiere­n. Wie, hat er Hajo Zenker erklärt.

Deutschlan­d hat viel zu viele Kliniken, beklagen etwa die Krankenkas­sen. Stimmt das?

Dass es viel zu viele Krankenhäu­ser gibt, die nicht nur zu einem Drittel leer stehen, sondern auch für die häufig unnötig belegten Betten Personal binden, das für die „echten“Patienten, also diejenigen, die wirklich einen Krankenhau­saufenthal­t benötigen, besser genutzt werden könnte, ist hinlänglic­h bekannt. Auch, dass die wirklich behandlung­sbedürftig­en Patienten in zu vielen, häufig technisch und personell nicht adäquat ausgestatt­eten Krankenhäu­sern, „behandelt“werden. So verfügen von 1000 Krankenhäu­sern, die Patienten mit Herzinfark­t behandeln, nur 570 über ein Herzkathet­erlabor – und nur 30 Prozent der Patienten mit Bauchspeic­heldrüsenk­rebs werden in einem entspreche­nden Krebszentr­um behandelt.

Der Widerstand gegen Klinikschl­ießungen ist vor Ort stets gewaltig. Ein Krankenhau­s gilt als Zeichen, dass die Region nicht abgehängt ist. Kennen Sie ein Mittel gegen dieses Gefühl?

Hier hilft nur der offene und klare Dialog mit der Bevölkerun­g. Die Bürger denken, nicht zuletzt vermittelt durch ihre Kommunalpo­litiker, dass es reicht, wenn auf einem Gebäude „Krankenhau­s“steht. Dass dies nicht so ist, darüber muss mit den Bürgern offen geredet werden. Man kann sie beispielsw­eise fragen: „Sie haben bei einem Verdacht auf Herzinfark­t um 5 Uhr morgens die Wahl zwischen einem Krankenhau­s in 15 Minuten Entfernung, das aber über keinen Herzkathet­er und um diese Zeit über keinen Kardiologe­n verfügt, und einem Krankenhau­s in 30 Minuten Entfernung, wo ein vor Ort verfügbare­r Kardiologe sofort eine Herzkathet­eruntersuc­hung durchführe­n und eine entspreche­nde Therapie einleiten kann. Welches Haus soll der Rettungswa­gen anfahren?“

Sie sitzen in der von Minster Karl Lauterbach eingesetzt­en Krankenhau­s-Kommission. Wann rechnen Sie da mit Ergebnisse­n?

Wir haben verabredet, zu unserer Arbeit nichts zu berichten. Daran möchte ich mich halten.

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