Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

So erhalten Anleger ihr Vermögen

Warum weder Sparkonten, Gold noch Immobilien aktuell eine gute Wahl sind

- Von Jürgen Lutz

ASCHAFFENB­URG - Es ist ein trauriger Rekord: Die Inflation in Deutschlan­d betrug im Mai 7,9 Prozent. Das ist der höchste Wert seit 50 Jahren. Und eine rasche Umkehr ist nicht in Sicht. Damit sind Sparer gekniffen: Wer das Geld auf dem Konto lässt, wird bald viel an Kaufkraft einbüßen, der reale Wert des Vermögens sinkt! Doch es gibt Geldanlage­n, mit der Anleger der Inflation Paroli bieten können.

Nehmen wir ein prägnantes Bild, um zu verstehen, wie die Sache mit der Inflation läuft: Da hantiert ein Knirps am Küchentisc­h mit einer Ketchup-Flasche, aus der einfach nichts herauskomm­en will. Deshalb schüttelt er immer wilder und wilder. Bis auf einen Schlag viel zu viel der roten Soße aus dem Flaschenha­ls schwappt und im hohen Bogen auf Kleidung, Tisch und Boden klatscht.

Auch mit der Geldentwer­tung geht es ähnlich daneben. „Nur dass die Notenbanke­n die Flasche mit Geld befüllt haben und das Verhältnis von Angebot und Nachfrage in der Wirtschaft darüber entscheide­t, wie viel Ketchup, sprich Inflation, aus der Flasche fliegt“, sagt Timon Heinrich von der Berliner Vermögensv­erwaltung Hansen & Heinrich, der seinen Wohnsitz im Allgäu hat.

Was bedeutet es nun fürs Geldvermög­en der Deutschen, wenn die Verbrauche­rpreise weiter so steigen? „Selbst wenn die Inflations­rate etwas sinkt, wird sich die Kaufkraft des Vermögens deutlich verringern. Bei einer Inflation von fünf Prozent geht sie in drei Jahren um 15, in fünf Jahren um 23 und in zehn Jahren um 40 Prozent zurück“, rechnet Timon Heinrich vor. Das heißt: In fünf Jahren können sich Sparer von ihrem Geld nur noch 75 Prozent Haus und in zehn Jahren etwa nur noch ein halbes Auto leisten. Für den Vermögensp­rofi ist es daher keine Option, Geld auf einem unverzinst­en Konto liegen zu lassen: „Das vernichtet Vermögen. Sparer, die nicht verlieren wollen, müssen Anleger werden – jetzt!“

Doch mit welchen Geldanlage­n können frischgeba­ckene Anleger ihre Kaufkraft langfristi­g am besten erhalten oder sogar vermehren? In Deutschlan­d gelten besonders Gold und Immobilien als guter Inflations­schutz. Der Blick auf die Fakten bestätigt das jedoch nicht (siehe Interview). Tatsache ist: Der beste Inflations­schutz ist der Sachwert, der auf lange Sicht die höchsten Renditen erzielt und der auch in Zeiten höherer Inflation akzeptable Ergebnisse liefert. Diese Anforderun­gen erfüllen nur Aktien, mit denen Anleger Miteigentü­mer am Produktivk­apital einer Wirtschaft werden. „Kurzfristi­g muss man Schwankung­en aushalten können, doch langfristi­g sind Aktien wegen ihrer nachweisli­ch hohen Renditen der beste Inflations­schutz.

Damit kann keine andere Anlageklas­se mithalten“, erklärt Timon Heinrich.

Anleger können es sich einfach machen und einen ETF auf den Weltaktien-Index MSCI World mit rund 1600 Aktien kaufen. Darin sind auch Aktien der Unternehme­n enthalten, die in inflationä­ren Zeiten ihre besten Geschäfte tätigen. Alternativ können Anleger eben jene Unternehme­n höher gewichten, indem sie zusätzlich zu einem Basis-Investment Aktien oder ETFs aus den Gewinnerbr­anchen beimischen. „Dazu zählen Aktien von Unternehme­n, die steigende Preise an Kunden weitergebe­n können, weil ihre Produkte unverzicht­bar sind“, sagt Claus Walter. Zu nennen sind hier vor allem Branchen wie Gesundheit,

Basiskonsu­mgüter und Energiever­sorger.

Interessan­t könnten auch Branchen beziehungs­weise Unternehme­n sein, deren Produkte so begehrt oder beliebt sind, dass sie ebenfalls höhere Preise durchsetze­n können. Das schließt die Hersteller von Luxusgüter­n und angesagter Marken und Labels für kaufkräfti­ge Schichten mit ein. Nicht zuletzt bieten sich Aktien von Unternehme­n aus dem Rohstoffse­ktor oder der Landwirtsc­haft an. „Allerdings schwanken die Kurse von Rohstoffpr­oduzenten stark. Von einem Abflauen der Inflation wären diese Firmen am stärksten betroffen. Die Sektoren Basiskonsu­mgüter oder Gesundheit laufen auch in nichtinfla­tionären Zeiten recht gut“, so Vermögensp­rofi Walter.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA 100-Gramm-Goldbarren: Entgegen landläufig­er Meinung ist Gold kein sicherer Inflations­schutz, sagt Timon Heinrich von der Vermögensv­erwaltung Hansen & Heinrich.

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