Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Feibelmann muss weg“
Wanderausstellung in Memmingen zeigt einen antisemitischen Vorfall aus der Provinz
MEMMINGEN (sz) - Die Wanderausstellung des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben in Kooperation mit dem Netzwerk Historische Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben wird von Freitag, 1. Juli, bis zum
22. Januar 2023 im Stadtmuseum Memmingen gezeigt. Im Stadtmuseum startet die Wanderausstellung zum Schicksal Jakob Feibelmanns mit einer Vernissage am Donnerstag,
30. Juni, um 19 Uhr mit Blick auf das Haus, an dem 1933 die Tragik ihren Lauf nahm.
Die Geschichte des Memmingers Jakob Feibelmann hat weit mehr als nur lokale Bedeutung. Sein Fall führt beispielhaft vor Augen, welche Dynamik die Drangsalierung und Einschüchterung von Jüdinnen und Juden nach der NS-Machtübernahme in Deutschland entwickeln konnte. Der Antisemitismus in Deutschland wurde nicht nur von oben verordnet. Persönliche Ressentiments spielten weiter eine wichtige Rolle. Durch sie entwickelten die antijüdischen Hetzkampagnen und Gewaltmaßnahmen vor Ort vielfach eine ganz eigene Dynamik, wie auch Jakob Feibelmann erfahren musste. Der Memminger Unternehmer wurde ab 1933 mit anonymer Drohpost überschüttet, die ihn massiv anfeindete und zur Emigration drängte. Ende 1934 flüchtete er schließlich nach Palästina und nahm die Drohschreiben mit, die er als Beweismittel gesammelt hatte. Über 60 der Postkarten und Briefe blieben erhalten. Diese sind Anlass und auch Grundlage für die Ausstellung „Feibelmann muss weg“.
Die Ausstellung setzt sich anhand von 22 Reproduktionen erhaltener Briefe und Postkarten mit den Anfängen
der nationalsozialistischen Judenverfolgung auf lokaler Ebene auseinander. Dabei verschränkt sie Täter- und Opfergeschichte und fragt sowohl nach den Urheberinnen und Urheber der Hassbotschaften und möglichen Mitwissenden wie auch nach den Konsequenzen für Jakob Feibelmann.
Das Stadtmuseum Memmingen bietet gemeinsam mit dem Förderkreis Synagoge Fellheim und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft
Memmingen/Kempten ein reichhaltiges Begleitprogramm zur Ausstellung. Dieses reicht von Konzerten, Theater- und Filmvorführungen bis zu Schülerprogrammen. Tieferen Einblick in das Schicksal der Familie Feibelmann können die Besucherinnen und Besucher über verschiedene Ausstellungsführungen erlangen. Die Heimatpflege hat eigens für die Ausstellung die Impuls-Stadtführung „Auf Spurensuche: Was bleibt von Feibelmann“konzipiert.
Auf der Vernissage gibt Carmen Reichert, Leiterin Jüdisches Museum Augsburg Schwaben, Impulse und Vincent Hoyer und Michael Ilg sprechen zur Genese der Ausstellung. Eine Einführung in die Ausstellung gibt Kuratorin Monika Müller.
Stadtmuseum Memmingen, Zangmeisterstraße 8, Eingang Hermansgasse, Telefon 08331 /
85 01 34. Geöffnet dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ins Stadtmuseum Memmingen ist frei. Weitere Informationen unter www.stadtmuseummemmingen.de