Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vagnoman-Wechsel zum VfB droht zu platzen
Beim VfB Stuttgart ist bei den Bemühungen um Rechtsverteidiger Josha Vagnoman (Bild: imago) vom Hamburger SV Geduld gefragt. „Wir sind extrem weit auseinander“, sagte VfB-Sportdirektor Sven Mislintat zu den Verhandlungen mit dem Zweitligisten. Medienberichten zufolge soll der HSV bis zu acht Millionen Euro fordern. Geld, das der VfB-Kaderplaner nicht bereit ist zu zahlen. „Wir brauchen nicht drum herumreden, dass Vagnoman ein Thema ist. Wir sehen schon, dass wir die Position gerne noch einmal besetzen würden“, sagte Mislintat. „Aber es ist nicht realistisch im Moment. Am Ende kann es auch sein, dass man nicht zusammenfindet.“(dpa)
Kyereh unterschreibt beim SC Freiburg: Der SC Freiburg hat Mittelfeldspieler Daniel Kofi-Kyereh verpflichtet. Der 26-jährige ghanaische Nationalspieler kommt vom Zweitligisten FC St. Pauli und soll in der kommenden Woche zum Team von Trainer Christian Streich dazustoßen.
STUTTGART - Paralympics-Sieger Niko Kappel hat im Mai gleich zweimal einen neuen Weltrekord im Kugelstoßen aufgestellt. Der Leichtathlet vom VfB Stuttgart kam beim schweizerischen Grand-Prix-Meeting in Nottwil 14,99 Meter weit. Damit übertrumpfte er seine erst kurz zuvor aufgestellte Bestleistung um fünf Zentimeter. Aber nicht nur sportlich ist es für den kleinwüchsigen Spitzenathleten aus Welzheim im Rems-MurrKreis ein Erfolgsjahr – jüngst wurde er für sein Engagement für Inklusion vom katholischen Sportverband (DJK) mit dem DJK-Ethik-Preis ausgezeichnet. Was für ihn Gleichstellung im Sport bedeutet, warum Inklusion im Breitensport eine Hürde ist und wann er die 15-Meter-Marke knackt, erzählt der 27-Jährige im Gespräch mit Milena Sontheim.
Herr Kappel, vor Kurzem haben Sie erneut den Weltrekord im Kugelstoßen geknackt. Sind Sie von diesem Triumph noch immer beflügelt?
Auf jeden Fall geht’s mir sehr gut damit (lacht). Ich habe mich damit auch selber beeindruckt, muss ich ehrlich sagen. Es war nicht erwartbar, dass es tatsächlich so weit gehen kann – was mich aber umso glücklicher und stolzer macht. Ich wusste schon, dass ich weit stoßen kann und eine Chance habe, den Weltrekord zurückzuschnappen, nachdem ich ihn letztes Jahr verloren hatte. Aber dass man dann über 60 Zentimeter gegenüber dem alten Weltrekord drauflegen konnte, ist schon eine Hausnummer. Jetzt hat man es so langsam realisiert.
Warum läuft es in diesem Jahr so gut? Haben Sie etwas am Training verändert?
Ja, es hat mehrere Faktoren. Der größte ist definitiv das Training. Da haben wir ein paar Sachen leicht geändert, insbesondere was die Trainingssteuerung und die Trainingsüberprüfung angeht. Ich mache jeden Tag unter gleichen Bedingungen die gleichen Tests. Der Gedanke dahinter war ursprünglich Verletzungsprävention, weil ich letztes Jahr immer wieder Probleme hatte und platt war im Training. Jetzt mache ich jeden Tag ein paar Sprünge und Standstöße – rein um meine Physis zu überprüfen. Wenn wir merken, die Leistungen gehen nach unten, haben wir zwei Optionen: Die eine ist, dass ich einfach müde bin, dann nehmen wir Training raus. Die andere Option ist, dass wir etwas bei den Übungen falsch machen und die ändern müssen. Meistens war es dann so, dass ich zu viel gemacht habe. Und so haben wir reagiert, bevor etwas kaputtgeht. Ich mache das jetzt erst seit sechs Monaten, stellt man sich den Effekt in zwei, drei Jahren vor, könnte der Fortschritt enorm sein.
Wie ärgerlich ist es, dass Sie gerade in einem Jahr ohne Großereignis in Topform sind?
Dadurch, dass eben kein Großereignis stattfindet, konnte ich mich in Ruhe dem neuen Training widmen und ausprobieren. Ich habe jetzt ein ziemlich hohes Vertrauen in dieses Prinzip, dass ich das nächstes Jahr wieder abrufen kann. Ich bin einfach happy, dass es so gut funktioniert und ich so einen großen Sprung machen kann.
Sie sind nicht nur ein herausragender preisgekrönter Para-Athlet, sondern engagieren sich auch auf sozialer Ebene: Ihr Engagement für Inklusion im Sport wurde erst mit dem DJK-Ethik-Preis ausgezeichnet: Was bedeutet für Sie Gleichstellung im Sport?
Für mich bedeutet Gleichstellung, alle Vor- und Nachteile einer Gesellschaft zu haben. Man kann sich nicht nur die Rosinen herauspicken. Inklusion bedeutet auch, man braucht einen Zugang für all das. Im Sport hängt das noch von weiteren Faktoren ab. In Stuttgart läuft das zum Beispiel extrem gut. Bei uns hat man gleich verstanden, dass es keinen Sinn ergibt für Para-Leichtathletik eigene Strukturen aufzubauen. An anderen Stützpunkten gibt es Trainer, die machen nur Para-Leichtathleten und nebenan trainieren die „normalen“Leichtathleten separat. Was ein Schwachsinn. Das Training ist absolut identisch. Jeder Athlet hat sowieso seine Individualität, kein Athlet trainiert gleich. Ob ich kleinwüchsig bin oder nicht, spielt keine Rolle. Es gibt noch weit verbreitet diese zwei Strukturen. Und das ist der Knackpunkt. Die Sportstruktur in Baden-Württemberg ist da schon ein Vorreiter. Die BW-Leichtathletik bekommt Gelder für den Para-Sport,
obwohl das eigentlich auf Bundesebene nicht vorgesehen ist. Para-Sport passiert hier unter dem Dach der Olympischen Leichtathletik. Stuttgart hat es kapiert, Synergieeffekte zu nutzen.
Wird Ihrer Meinung nach von Sportverbänden genug getan, um Menschen mit Behinderung im Sport zu fördern?
Also mehr geht immer, aber man darf auch nicht vergessen, wie das vor acht Jahren aussah. Da hat sich wahnsinnig viel getan, insbesondere bei den Athleten vor Ort. Es ist extrem professionell geworden, es gibt viele Profis, die sich auf den Sport konzentrieren können und damit die Leistungen nach oben treiben. Auf politischer Ebene hat sich auch viel getan, die Sporthilfe hat nahezu alles angeglichen. Demnach
bekommen olympische und paralympische Sportler die gleichen Förderungen. Die Herausforderung ist eher die Struktur, wie vorher erwähnt. Die Struktur vom Verband muss auch mitwachsen und das ist, glaube ich, keine einfache Aufgabe parallel. Beim deutschen Behindertensportverband ist der Leistungssport nur ein Randthema, die sind in der Para-Leichtathletik-Abteilung sehr ehrenamtlich aufgestellt, oft von Landesgremien abhängig, wo vielleicht nicht immer die Expertise für den Spitzensport da ist. Das macht es wahrscheinlich noch etwas schwierig, weiter zusammenzuwachsen.
Inwiefern könnten Breitensportvereine von einem Angebot für Menschen mit Behinderung profitieren und warum sind die Barrieren dort noch hoch?
Genau das ist mir so wichtig. Der größte Knackpunkt ist es, den Menschen die Angst zu nehmen, etwas falsch zu machen. Ich glaube, das ist das größte Hindernis, weil es eben so politisch geworden ist. Da mache ich den Menschen aber keinen Vorwurf. Mein Ziel ist es, den Leuten klarzumachen, dass Behindertensport nichts anderes ist. Jeder Sportler hat seine eigenen Stärken. Man lernt so viel im Vereinssport, man schließt Freundschaften, baut Selbstvertrauen auf, man lernt verlieren, respektiert sich und lernt Teamfähigkeit. Das sind viele soziale Komponenten, die für unsere Gesellschaft wichtig sind. Dem Verein könnte es auch einen Mehrwert bringen, wenn er ganz bewusst und ganz gezielt die Inklusion angeht. Dann sagt vielleicht auch ein örtliches Unternehmen, ja, das unterstützen wir.
Wie kann Inklusion im Sport ein Vorbild für eine inklusive Gesellschaft werden?
Dass man eben lernt, spielerisch ohne förmlichen Zwänge aufeinander zuzugehen. Sport nimmt in unserer Gesellschaft eine entscheidende Rolle ein, weil man dort diese weichen Faktoren, wie Rücksicht und Teamfähigkeit, lernt. Das bildet eine tragende Säule in der Gesellschaft.
Als nächstes großes Ziel stehen bei Ihnen die Paralympics in Paris 2024 an: Was nehmen Sie sich bis dahin auf sportlicher wie sozialer Ebene vor? Knacken Sie bis dahin die 15Meter Marke?
Sportlich will ich so weitermachen, verletzungsfrei bleiben und das, was ich diese Saison erreicht habe, festigen. Ich will Sicherheit reinbringen, um die Weiten zu stabilisieren und das Niveau hochhalten. Bei der 15-Meter-Marke mache ich mich nicht verrückt, aber wenn ich mich weiter verbessere, dann fällt die bestimmt. Außerhalb des Sports will ich genauso weitermachen. Ich hoffe, ich kann mich weiter auf politischer Ebene engagieren. Für Leute vor Ort will ich als Ansprechpartner da sein, um ihnen die Berührungsangst zu nehmen.