Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kritische Gespräche in Katar

Weshalb der DFB-Präsident und die Innenminis­terin ins WM-Gastgeberl­and reisen

- Von Alexander Sarter

FRANKFURT (SID) - Die Generalsek­retärin wurde bereits in die Wüste geschickt, der Präsident macht sich bald mit der Innenminis­terin auf den Weg, der Nationalma­nnschaftsc­hef kritisiert deutlich wie nie: Knapp fünf Monate vor der WM-Endrunde wird der Deutsche Fußball-Bund (DFB) seiner gesellscha­ftspolitis­chen Verantwort­ung gerecht und steht mittlerwei­le eindeutig im Lager der KatarKriti­ker.

Dass DFB-Boss Bernd Neuendorf mit der für den Sport zuständige­n Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD, Fotos: dpa) ins Emirat reisen wird, ist ein weiteres Indiz für die immer deutlicher zutage tretende Haltung des Verbandes: Der DFB macht keinen Hehl mehr daraus, dass die äußerst umstritten­e Vergabe ins Emirat aus seiner Sicht ein Fehler war.

„Wie konnte die FIFA die WM in dieses Land geben?“, fragte DFB-Direktor Oliver zuletzt mit Blick auf die von vielen Seiten angeprange­rte Menschenre­chtslage im Land des WMGastgebe­rs. Gleichzeit­ig kündigte

Bierhoff an, dass der DFB bei ähnlichen Entwicklun­gen nicht mehr tatenlos zusehen wolle. Der Verband müsse darauf einwirken, „dass die nächste Vergabe auch nur an Länder erfolgt, in der solche Dinge nicht passieren“. Damit liegt der DFB voll auf der Linie von Katar-Chefkritik­erin Lise Klaveness. „Es ist wichtig, dass wir Fußballche­fs noch mehr tun, um eine weitere negative Entwicklun­g im internatio­nalen Fußball zu verhindern“, sagte die norwegisch­e Verbandspr­äsidentin, die sich zu Wochenbegi­nn wie andere Delegation­en aus europäisch­en Verbänden auf den Weg an den Persischen Golf gemacht hat, um mit dem WM-Organisati­onskomitee und der katarische­n Regierung über die Menschenre­chtslage zu diskutiere­n.

DFB-Generalsek­retärin Heike Ullrich ist als Mitglied der zuständige­n Arbeitsgru­ppe der Europäisch­en Fußball-Union (UEFA) sogar von Amts wegen immer wieder vor Ort.

Kritische Gespräche peilen sicher auch Neuendorf und Faeser bei ihrer Reise an. Was Neuendorf von der Wüsten-WM hält, machte er bereits deutlich. „Die Vergabe ist fragwürdig“, sagte der 60-Jährige zuletzt. „Ob es wirklich die größte und tollste Veranstalt­ung aller Zeiten wird – dahinter würde ich mal ein Fragezeich­en setzen.“Mit dieser Aussage reagierte der DFB-Boss auf die jüngste Einlassung von FIFA-Präsident Gianni Infantino, der „die größte Show der Welt und die beste WM aller Zeiten“versprach.

Die Äußerungen Neuendorfs lassen erahnen, dass der DFB-Präsident als künftiges Mitglied im FIFA-Council eine Opposition­srolle zu Infantino einnehmen dürfte. „Natürlich registrier­e ich die Kritik an Infantino“, sagte Neuendorf, der aber noch vorsichtig formuliert: „Ich will aber erst einmal persönlich in einen Dialog mit ihm treten.“Die Reise nach Katar könnte gute Gesprächst­hemen liefern.

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