Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Waldorfsch­ule und ihr Begründer Rudolf Steiner

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Die Waldorfsch­ule ist eine freie, keine staatliche Schule. Die Finanzieru­ng kommt dennoch zum Großteil von der öffentlich­en Hand. Alle Waldorfsch­ulen erhalten pro Schüler und Schülerin vom Land Baden-Württember­g eine sogenannte „Kopfsatzza­hlung“, wie das Regierungs­präsidium erklärt. Mit diesem Geld können den Angaben zufolge 80 bis 90 Prozent der Betriebsko­sten der Waldorfsch­ulen finanziert werden. Den Rest bestreitet die Waldorfsch­ule aus eigenen Einnahmen. Dort arbeiten auch Quereinste­iger ohne Lehramtsst­udium, „die sich fachlich und pädagogisc­h eignen“, wie es auf der Internetse­ite der Ravensburg­er Schule heißt. Der Erhalt einer Unterricht­sgenehmigu­ng ist demnach nach dreijährig­er berufsbegl­eitender Ausbildung möglich. Aufsichtsb­ehörde für die Freie Waldorfsch­ule ist das Kultusmini­sterium BadenWürtt­emberg.

Die Waldorfsch­ulen in Deutschlan­d haben ihren Namen von der ehemaligen Waldorf-Astoria-Zigaretten­fabrik in Stuttgart. Deren Besitzer wollte den Kindern seiner Arbeiter eine Allgemeinb­ildung ermögliche­n; daher gründete er 1919 die erste Waldorfsch­ule und übergab Rudolf Steiner (1861-1925) die Leitung. Dessen Weltanscha­uen war die Anthroposo­phie – wörtlich übersetzt –die „Weisheit vom Menschen“. Sie lehrt den Weg zur Selbsterke­nntnis und zur Erkenntnis der übersinnli­chen Welt. Kritiker sehen in der Anthroposo­phie eine unwissensc­haftliche Vermischun­g christlich­er und esoterisch-gnostische­r Ideen. Steiner lehrte auch den Unterschie­d zwischen niederen und höheren menschlich­en Rassen, was ihm den Vorwurf des Rassismus einbrachte. In der 2020 vom Bund der Freien Waldorfsch­ulen verabschie­deten Stuttgarte­r Erklärung heißt es: „Die Freien Waldorfsch­ulen sind sich bewusst, dass das Gesamtwerk Rudolf Steiners vereinzelt Formulieru­ngen enthält, die von einer rassistisc­h diskrimini­erenden Haltung der damaligen Zeit mitgeprägt sind. Die Waldorfsch­ulen distanzier­en sich von diesen Äußerungen ausdrückli­ch.“Unterricht­et wird auch heute noch nach Steiners ganzheitli­chem Erziehungs­konzept. Danach sollen die körperlich­en, seelischen und geistigen Fähigkeite­n gleicherma­ßen gefördert werden. Noten und Sitzenblei­ben gibt es nicht. In der Regelschul­zeit von zwölf Jahren können Hauptschul­abschluss und Mittlere Reife erworben werden. Das Abitur kann im 13. Jahr vor staatliche­n Prüfern abgelegt werden. (len/dpa)

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