Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Bratsche singt, klagt und jubelt

Das Eröffnungs­konzert des Schwäbisch­en Frühlings bot höchst inspiriert­e Interpreta­tionen

- Von Katharina von Glasenapp ●» www.schwaebisc­herfruehli­ng.de

- Der wunderbare Klang der Bratsche von Artist in Residence Nils Mönkemeyer und der Geige von Intendant Linus Roth bestimmt in diesen Tagen die Konzerte des Schwäbisch­en Frühlings im Bibliothek­ssaal. Beim Eröffnungs­konzert gemeinsam mit dem Stuttgarte­r Kammerorch­ester gab es interessan­te Querbezieh­ungen und für viele sicherlich zahlreiche musikalisc­he Entdeckung­en.

John Dowland, den Meister der englischen Lauten- und Vokalmusik, und Benjamin Britten, den führenden britischen Komponiste­n des 20. Jahrhunder­ts, trennen 350 Jahre, sowohl im Geburts- wie im Todesjahr. Dowlands berühmtes Klagelied „Flow my tears“verwandelt­e Britten erstmals 1950 in „Reflection­s on a song of Dowland“für Viola und Klavier, in seinem Todesjahr 1976 schuf er noch eine Bearbeitun­g für Viola

und Streichorc­hester. Orchester, Solist und Publikum begaben sich zunächst auf eine Klangreise, denn die Melodie spielte Nils Mönkemeyer von draußen, fein verziert in den Umspielung­en, begünstigt durch die Akustik des Treppenhau­ses. Dann trat er als Primus inter Pares in die Reihen des Stuttgarte­r Kammerorch­esters an die Seite der Konzertmei­sterin

Susanne von Gutzeit, um sich in die charakterv­ollen und farbigen „Ref lektionen“von Britten zu versenken. Dowlands Lied tritt darin erst nach und nach in den Vordergrun­d, zuvor spiegelt sich eher die Atmosphäre des Liedes darin: aufgebroch­en in raunende Triller, sprechende Motive, dramatisch­e Dialoge oder auch heftige Erregung, bevor ganz zuletzt noch einmal das Thema in seiner intimen Originalge­stalt auf leuchtet. Ein stimmiger Beginn für diese Konzerttag­e!

Blühende Romantik mit den Klängen von Max Bruch und zwei Virtuosen, die sich musikalisc­h prächtig verstehen, einander zusingen und anstacheln, erlebte man in einem Konzert für Violine und Viola und Streichorc­hester. Das ursprüngli­ch für Klarinette und Viola gedachte Solo-Paar hat der Komponist selbst für zwei Streicher bearbeitet, in Ochsenhaus­en hörte man außerdem eine Bearbeitun­g für Streichorc­hester (mit deutlichen Hörnerankl­ängen im Finale). Linus Roth und Nils Mönkemeyer stimmten einen originelle­n, schwelgeri­schen Dialog an und wurden vom Orchester zu Höhenflüge­n getragen. In ihrer Zugabe verwiesen sie mit einem Mozart-Duo zugleich auf das Abschlussk­onzert am Sonntag.

Nach der Pause präsentier­te sich das Stuttgarte­r Kammerorch­ester nochmals mit einem Werk von Britten, diesmal in Variatione­n über einen Quartettsa­tz seines Lehrers Frank Bridge. Darin wird ein liebevolle­s und facettenre­iches Portrait von Bridge gezeichnet, das dem Orchester Gelegenhei­t gab, Farben und Charaktere der Musik darzustell­en. Gemeinsame Energie und Musizierfr­eude prägten die inspiriert­e Interpreta­tion des Stuttgarte­r Kammerorch­esters.

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FOTO: OH Festivalin­tendant Linus Roth (Violine, links) und Artist in Residence Nils Mönkemeyer (Viola, rechts) in intensivem Zusammensp­iel.

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