Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Bratsche singt, klagt und jubelt
Das Eröffnungskonzert des Schwäbischen Frühlings bot höchst inspirierte Interpretationen
- Der wunderbare Klang der Bratsche von Artist in Residence Nils Mönkemeyer und der Geige von Intendant Linus Roth bestimmt in diesen Tagen die Konzerte des Schwäbischen Frühlings im Bibliothekssaal. Beim Eröffnungskonzert gemeinsam mit dem Stuttgarter Kammerorchester gab es interessante Querbeziehungen und für viele sicherlich zahlreiche musikalische Entdeckungen.
John Dowland, den Meister der englischen Lauten- und Vokalmusik, und Benjamin Britten, den führenden britischen Komponisten des 20. Jahrhunderts, trennen 350 Jahre, sowohl im Geburts- wie im Todesjahr. Dowlands berühmtes Klagelied „Flow my tears“verwandelte Britten erstmals 1950 in „Reflections on a song of Dowland“für Viola und Klavier, in seinem Todesjahr 1976 schuf er noch eine Bearbeitung für Viola
und Streichorchester. Orchester, Solist und Publikum begaben sich zunächst auf eine Klangreise, denn die Melodie spielte Nils Mönkemeyer von draußen, fein verziert in den Umspielungen, begünstigt durch die Akustik des Treppenhauses. Dann trat er als Primus inter Pares in die Reihen des Stuttgarter Kammerorchesters an die Seite der Konzertmeisterin
Susanne von Gutzeit, um sich in die charaktervollen und farbigen „Ref lektionen“von Britten zu versenken. Dowlands Lied tritt darin erst nach und nach in den Vordergrund, zuvor spiegelt sich eher die Atmosphäre des Liedes darin: aufgebrochen in raunende Triller, sprechende Motive, dramatische Dialoge oder auch heftige Erregung, bevor ganz zuletzt noch einmal das Thema in seiner intimen Originalgestalt auf leuchtet. Ein stimmiger Beginn für diese Konzerttage!
Blühende Romantik mit den Klängen von Max Bruch und zwei Virtuosen, die sich musikalisch prächtig verstehen, einander zusingen und anstacheln, erlebte man in einem Konzert für Violine und Viola und Streichorchester. Das ursprünglich für Klarinette und Viola gedachte Solo-Paar hat der Komponist selbst für zwei Streicher bearbeitet, in Ochsenhausen hörte man außerdem eine Bearbeitung für Streichorchester (mit deutlichen Hörneranklängen im Finale). Linus Roth und Nils Mönkemeyer stimmten einen originellen, schwelgerischen Dialog an und wurden vom Orchester zu Höhenflügen getragen. In ihrer Zugabe verwiesen sie mit einem Mozart-Duo zugleich auf das Abschlusskonzert am Sonntag.
Nach der Pause präsentierte sich das Stuttgarter Kammerorchester nochmals mit einem Werk von Britten, diesmal in Variationen über einen Quartettsatz seines Lehrers Frank Bridge. Darin wird ein liebevolles und facettenreiches Portrait von Bridge gezeichnet, das dem Orchester Gelegenheit gab, Farben und Charaktere der Musik darzustellen. Gemeinsame Energie und Musizierfreude prägten die inspirierte Interpretation des Stuttgarter Kammerorchesters.