Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sozialwohn­ungen wird es im Neubaugebi­et Beton-Wolf-Areal wohl nur wenige geben

Sie zu bauen, wäre einfach zu teuer – Dennoch ist eine Genossensc­haft geplant

- Von Siegfried Kasseckert

- Auf dem Gelände des früheren Betonwerks Wolf soll das größte Wohngebiet der Gemeinde Baienfurt entstehen: Etwa 220 Wohneinhei­ten für 500 bis 600 Menschen sind geplant, doch nur wenige Sozialwohn­ungen. Zunächst gibt es aber nur einen Entwurf für das Baugebiet. Der Bebauungsp­lan muss erst noch entwickelt und dann genehmigt werden. Grund genug, die Bürgerscha­ft frühzeitig zu informiere­n. Das Thema stand im Mittelpunk­t der jüngsten Gemeindera­tssitzung,

zu der die Verwaltung die beteiligte­n Planer und Experten eingeladen hatte. Viele Besucher kamen.

Das Grundstück misst rund 2,5 Hektar. Seit 17 Jahren, seit Beton-Wolf in Baienfurt die Produktion eingestell­t hat, liegt es brach. 2021 wurde es zum Verkauf angeboten und von der GWG-Gruppe aus Stuttgart und der Immo-Invest GmbH aus Bad Dürrheim erworben. Die aktuellen Verhältnis­se sind freilich alles andere als günstig für derlei Projekte. Die Baupreise seien enorm gestiegen, hob Bürgermeis­ter

Günter A.Binder hervor, Investoren und Käufer litten unter Preisdruck. Gleichzeit­ig fehlen überall Wohnungen, vor allem bezahlbare.

Architekt Kaiser vom gleichnami­gen Planungsbü­ro, das den Architekte­nwettbewer­b gewonnen hatte, stellte den Planungsen­twurf vor. Kleinteili­gkeit sei gefragt. Die meisten Autostellp­lätze (85 Prozent) sollen unter der Erde, in Tiefgarage­n, geschaffen werden. Durchgangs­verkehr durchs Wohngebiet soll es nicht geben. In der Mitte ist ein Quartiersh­aus mit Café vorgesehen.

Der alte Turm des Beton-WolfAreals soll nach Möglichkei­t erhalten werden. Und – ganz besonders wichtig für die Anlieger, die in großer Zahl zur Ratssitzun­g gekommen waren: Der Anwohnerve­rkehr soll nicht durch das Quartier und damit nicht durch das Baienfurte­r Zentrum f ließen, sondern via Rainpadent abf ließen.

Die Frage des Gemeindera­ts Heinrich Bernhard (Freie Wähler), ob denn das vorhandene Kanalsyste­m für das gesamte Neubaugebi­et ausreiche, beantworte­te ein Architekt mit einem klaren Ja.

Einen großen Auftritt hatte Markus Stegfellne­r aus Stuttgart, gebürtiger Wiener, der dem Gemeindera­t die Vorteile eines Genossensc­haftskonze­pts geradezu leidenscha­ftlich ans Herz legte: Dauerwohnr­echt, niedrige Miete, Dividende, die Mitglieder sind Miteigentü­mer. Am Wohnungsma­rkt sei eine Genossensc­haft eine der besten Möglichkei­ten, zu einer preisgünst­igen Wohnung zu kommen, bemerkte Binder.

Es werde aber immer schwierige­r, bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen, beklagte Uwe Hertrampf (Grüne und Unabhängig­e).

Dabei sei eben diese Absicht eigentlich der Ausgangspu­nkt für die Entwicklun­g des Neubaugebi­ets gewesen. Hertrampf zeigte sich enttäuscht über eine Modellrech­nung Markus Stegfellne­rs, der unter anderem eine Monatsmiet­e von elf Euro je Quadratmet­er genannt hatte. Eine Nachfrage der SZ bei Bürgermeis­ter Binder ergab, dass im ganzen Neubaugebi­et lediglich 20 bis 30 Sozialwohn­ungen vorgesehen sind, 30 von 220 Wohneinhei­ten. Der Grund: Sie zu bauen, ist einfach zu teuer. Man findet kaum einen Investor.

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