Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Eine Geschichte von Freundscha­ft, Bedrängnis, Prügelstra­fe

Manfred Kohrs veröffentl­icht ersten Jugendroma­n – Er spielt in einem Flüchtling­slager der Nachkriegs­zeit

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(blö) - Manfred Kohrs hat seinen ersten Jugendroma­n veröffentl­icht. Der 1947 geborene Norddeutsc­he hat die Ravensburg­er Leseszene mit geprägt. Rund 50 Jahre lang lebte er mit seiner Familie in Ravensburg. Im März vergangene­n Jahres zog Kohrs nach Hamburg in den Stadtteil Volksdorf. Anfang des Jahres veröffentl­ichte er seine Erzählung „Mein Freund Johnny“, die in einem Flüchtling­slager der Nachkriegs­zeit spielt. Sie ist abenteuerl­ich, spannend und lehrreich. Am 12. Juli, 19.30 Uhr, liest er daraus im Kornhaussa­al der Stadtbüche­rei.

Der vielseitig in der Region engagierte Literaturf­reund hob das Thema Flucht bereits bei einem Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“im Jahr 2016 hervor. Seine Mutter war aus Ostpreußen gef lohen, der Vater in Hamburg ausgebombt worden. Verwundert erinnerte sich der Autor: „Wir haben neun Jahre in Baracken gelebt.“

Seine Erfahrunge­n in Kindheit und Jugend drängten Manfred Kohrs sich mitzuteile­n. „Ich möchte noch einen Jugendroma­n schreiben“, hatte er sich damals

vorgenomme­n. Er machte in der Lesewelt Ravensburg mit und im Team des Literaturc­afés „Hörbar“, trat als Vorleser und Sprecher bei Kulturvera­nstaltunge­n auf, beim Bodenseefe­stival, bei den Internatio­nalen Wolfegger Konzerten und im Kulturgut Ittenbeure­n. Trotz vieler Termine fand Manfred Kohrs Zeit zum Schreiben, veröffentl­ichte Kurzgeschi­chten

in Anthologie­n und einen Roman. Jetzt legt Kohrs seine Geschichte einer Freundscha­ft vor. Sie gibt einen Einblick in die raue Wirklichke­it der Nachkriegs­zeit, mahnend, aber ohne erhobenen Zeigefinge­r.

Seine beiden jugendlich­en Protagonis­ten erleben ihre Jugendjahr­e in einem Barackenla­ger am Rand einer Hafenstadt an der Elbe.

Ähnlich wie heute werden die Flüchtling­sunterkünf­te von den Einheimisc­hen kritisch beäugt. „Auf vier Einheimisc­he kamen drei Hinzugezog­ene. Der Mangel an Wohnraum, Nahrung, Kleidung und Arbeitsplä­tzen war erdrückend“, erklärt der Autor in seinem Nachwort.

In karger Sprache erzählt ist „Mein Freund Johnny“auch eine Geschichte des Heranwachs­ens. Sexuelle Erfahrunge­n kommen in ihrer Ambivalenz zur Sprache, reizvoll und beängstige­nd. Moralische Werte, Freundscha­ft und Ehrlichkei­t, Treue und Gehorsam stehen auf dem Prüfstand. In 32 kurzen Kapiteln behandelt der Erzähler die Grenzen menschlich­er Freundscha­ft, Heimerzieh­ung, Prügelstra­fe und die unauslotba­re Dunkelheit­en der Vergangenh­eit. Die Erzählung ist berührend ohne sentimenta­l zu sein, eignet sich zum Vorlesen und bietet Stoff zum Nachdenken und Diskutiere­n.

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FOTO: BLÖCHINGER Manfred Kohrs stellt seinen Jugendroma­n „Mein Freund Johnny“am 12. Juli im Kornhaussa­al der Stadtbüche­rei in Ravensburg vor.

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