Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Ehrenamtliche sind unverzichtbar“
Zu „VHS steht vor Zerreißprobe“(12. Mai):
Mit großer Verwunderung konnte ich diesem Artikel entnehmen, dass der Verein Volkshochschule Ravensburg vor die Entscheidung gestellt wird, entweder der gewünschten Satzungsänderung zuzustimmen oder Insolvenz anzumelden. Mir erschließt sich nicht, wie man auf die Idee kommen konnte, einem gemeinnützigen Verein, der satzungsgemäß keine Gewinne erwirtschaften kann oder darf, einen Kredit mangels Kreditwürdigkeit – statt wie bisher Zuschüsse – zu geben, um ihm dadurch praktisch die Entscheidung über die eigene Zukunft zu nehmen. Entweder der barmherzige OB als Herr über Zuschüsse wird kraft Satzung Erster Vorsitzender der VHS oder diese muss Insolvenz anmelden.
Falls sich diese Absicht durchsetzt: Wie soll das mit den anderen ehrenamtlich geführten Vereinen weitergehen? Soll künftig in jedem Verein, der öffentliche Förderung erhält, der Erste Vorsitzende der Oberbürgermeister sein? Da fragt man sich nicht nur nach der zeitlichen Dimension, sondern auch, ob das vom Regierungspräsidium zum Aufgabenkatalog eines OB erklärt wurde. Vor etwa drei Jahren hat die Stadtverwaltung versucht, massiv in die Vereinsautonomie der Rutenfestkommission einzugreifen und bekannt gegeben, dass eine Zusammenarbeit mit dem Ersten Vorsitzenden Dieter Graf nicht mehr möglich sei, um dessen Abwahl zu erzwingen. Falls diese „hoheitlichen Eingriffe“Schule machen sollten, werden wir unser Gemeinwesen in der bisher bekannten Form nicht mehr halten können, denn ohne die ehrenamtliche Arbeit von unzähligen Helferinnen und Helfern kann kein Heimatfest und bald auch kaum mehr etwas anderes stattfinden. Unsere Kommune hat schlicht nicht das Geld, auf die ehrenamtliche Arbeit zu verzichten. Der Satzung der VHS lässt sich nebenbei entnehmen, dass bereits jetzt die Stadt durch den Oberbürgermeister mit Stimmrecht und einem weiteren städtischen Mitarbeiter (dieser nur mit beratender Stimme) vertreten ist. Insoweit ist es nicht richtig, dass die Stadtverwaltung bisher keinen Einfluss auf den Verein hätte, zumal die Bücher jährlich akribisch geprüft werden. Allerdings kann ein Erster Vorsitzender auch die Tagesordnung von Vorstandssitzungen bestimmen, und das reizt wohl stark.
Alfred Schneider, Elisabethenstraße, Ravensburg