Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Helfer im Rampenlicht
Nico Denz lebt beim Giro d'Italia seinen Traum
(SID) - Nico Denz wähnte sich im falschen Film. Zwei Etappensiege und die unerwartete Rolle als Ausreißerkönig des 106. Giro d'Italia waren für den deutschen Radprofi nur schwer zu begreifen. „Ich lebe hier einen Traum. Ich verstehe nicht so richtig, was hier gerade vor sich geht“, sagte Denz nach seinem zweiten Giro-Coup am Samstag in Cassano Magnago: „Aber wegen mir darf es gerne so weitergehen.“Im Fotofinish hatte der 29-Jährige vom deutschen Team Borahansgrohe die 14. Etappe gewonnen – nur zwei Tage nach seinem ersten Erfolg. Im Zielsprint entschied eine halbe Radlänge zu seinen Gunsten. Es war der dritte deutsche Tagessieg. „Ich wollte um den Sieg fahren oder mit wehenden Fahnen untergehen“, so Denz.
Der Höhenf lug des Allrounders aus Waldshut-Tiengen war so nicht abzusehen. Fürs Siegen sind für gewöhnlich andere zuständig. Bei der Italien-Rundfahrt gelangen ihm erst die Karriere-Erfolge vier und fünf. Auch beim Giro ist Denz eigentlich einer jener Helfer, die im Peloton leicht übersehen werden, deren Leistung für den Erfolg der Mannschaften aber unerlässlich sind. Für das Bora-hansgrohe-Team soll Denz vor allem den deutschen Hoffnungsträger Lennard Kämna bei dessen Klassement-Ambitionen helfen. „Er ist ein harter Arbeiter, ein Allin-Typ und ein großer Kämpfer“, sagte Teamchef Ralph Denk über Denz: „Wir haben gewusst, dass er was kann. Sonst hätten wir ihn nicht verpflichtet.“Die mittelschweren Etappen der zweiten Woche boten Denz Raum für eigene Experimente als Etappenjäger. Er vollendete sie „wie im Lehrbuch“, wie Teamchef
Denk sagte. Bora-hansgrohe, das als Titelverteidiger gestartet ist, befreite Denz mit seinen Erfolgen vom Druck. „Die Siege beruhigen uns schon“, so Denk.
Denz ist eine der großen Überraschungen des 106. Giro. Zwei Tageserfolge nach 14 Etappen hatte nur der mittlerweile ausgestiegene Weltmeister Remco Evenepoel auf dem Konto. Gut für Kämna, der sich bei den entscheidenden Bergateppen auf die Hilfe von Denz verlassen kann. Beide kamen am Sonntag beim Sieg des US-Amerikaners Brandon McNulty mit den Top-Favoriten ins Ziel.
„Ich wollte um den Sieg fahren oder mit wehenden Fahnen untergehen.“Nico Denz