Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ravensburger Oberstadt verliert Einzelhandel
In Räume des legendären Fossy-Skateshops zieht kein neues Geschäft – Nachbarn in der Oberstadt sind besorgt
- Im Sommer vergangenen Jahres bedauerten viele, dass der Fossy-Skateshop in der Roßbachstraße 17 nach 33 Jahren seine Türen für immer schloss. Gut ein Dreivierteljahr stand der Laden daraufhin leer. Nun haben sich neue Mieter gefunden, doch nicht alle sind damit glücklich.
Ralph Kirchmaier, dessen Projektentwicklungsunternehmen das Josefshaus 1995 gekauft und dann kernsaniert hat, hätte sich auf den 275 Quadratmetern Ladenfläche nicht nur wegen der hohen Räume ein Café vorstellen können. „Da hätte man was Tolles draus machen können“, ist er sich sicher und hat etliche Leute aus der hiesigen Gastrobranche angesprochen, wie er auf Anfrage ausführt. Doch vor allem weil es momentan schwierig sei, Personal zu finden, hätten alle abgewunken.
Auch Einzelhandelsinteressenten gab es keine. Das mag an der Größe des Objekts liegen: Kleinere Geschäfte kommen mit weniger als 100 Quadratmetern klar – und große Filialisten wie beispielsweise Zara möchten mindestens 400 Quadratmeter, am besten in 1A-Lage wie Marienplatz oder Bachstraße, weiß Kirchmaier. Nun zieht in die Räumlichkeiten die Zahnarztpraxis ein, die sich bereits im Josefshaus befindet und erweitern wolle.
Diese Lösung macht nicht alle froh. Denn auch das Geschäft an der Ecke, in dem früher Pelz Frede, später die Modemarke Glücksstern und zuletzt ein Personalvermittler für Zahnarztpraxen untergebracht war, steht momentan leer. Silke Jetter, Mitarbeiterin des Modegeschäfts Style & Sports in der Roßbachstraße
16, sagt, sie sei nicht begeistert, wenn eine Praxis auf den Skateshop folge. Denn „dann ist kein
Leben da und es steht auch nichts draußen auf der Straße“. Wenn ein Laden fehle, büße die Roßbachstraße
Leben ein: „Da fürchten wir um die Kundenfrequenz“, sagt Jetter.
Dem Gänsbühl-Eigentümer, der Firma Geiger aus Waltenhofen im Allgäu, bereitet der Wandel von Einzelhandel zu Dienstleistern hingegen keine allzu großen Sorgen. Da das Gänsbühlcenter am Ende der Fußgängerzone liege, profitiere man „nicht gravierend“von Kunden der dortigen Läden, so ein Sprecher gegenüber der Redaktion. Zudem steuerten die meisten Kunden das Center gezielt an.
Generell beobachtet der Geiger-Sprecher in Innenstädten eine Entwicklung weg vom klassischen Einzelhandel hin zu mehr Mischnutzungen. Stimme die Aufenthaltsqualität, müsse das nichts Schlechtes sein. Dafür, dass Besucher sich gern in der Altstadt aufhalten, könnten seiner
Ansicht nach Spielecken, verkehrsberuhigte Zonen, Sitzgelegenheiten oder viel Grün sorgen.
Ravensburg sei diesbezüglich „deutlich besser aufgestellt als die meisten anderen Städte dieser Größenordnung“.
Abgesehen davon gestalte sich die Suche nach einem Nachmieter für die Fläche im Erdgeschoss des Gänsbühlcenters, wo die Modemarke Superdry eine Filiale hatte, „aufwendiger und komplizierter, als wir dies angenommen hatten“. Man sei mit verschiedenen Interessenten am Verhandeln. Auch in dem Teil des Josefshauses, der gegenüber des Gänsbühlcenters liegt, könnte sich demnächst etwas tun: Die Oberschwäbischen Werkstätten OWB denken nämlich darüber nach, das von ihnen betriebene Integrationsprojekt Cafésito innerhalb des Gebäudes zu erweitern. In der Roßbachstraße 17/1 bekommt man von Menschen mit und ohne Behinderung nicht nur Kaffee und Kuchen serviert, sondern kann auch jede Menge Kaffeesorten kaufen.
Die Geschichte des Josefshauses in der Roßbachstraße reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. 1884 erwarb das Kloster Reute das sogenannte, mittlerweile baufällig gewordene Pommersche Haus, ließ es abreißen und baute an Ort und Stelle einen dreistöckigen Gebäudekomplex. Als das Haus 1910 fertig war, weihten die Franziskanerinnen es dem Heiligen Josef. Unter anderem diente es dann als Mädchenheim, öffentliche Badeanstalt und Seniorenheim. 1995 erstand das Unternehmen Kirchmaier & Staudacher das Gebäude, sanierte es und verkaufte viele der insgesamt 49 Wohnungen und sieben Gewerbeeinheiten.
Im Übrigen hat sich endlich für die ehemalige Engel-Apotheke in der Kirchstraße eine Lösung gefunden (siehe Infokasten).