Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gut gespeist im Bierpalast
Im Schatten von Schloss Hohenzollern steht ein ebenfalls imposantes Gebäude in Sigmaringen: das Brauwerk ZollerHof. Und wer die heiligen Bierhallen betritt, bekommt sofort den Eindruck eines Palastes, in dem die gerstensaftbedingte Lebensfreude gefeiert wird. Über dem Kopf schwebt ein Kronleuchter aus Bierf laschen. Durch raumhohe Rundbogenfenster fällt das Licht. Und im Innern des aus mehreren Räumen bestehenden Gästebereichs erstrecken sich jede Menge Tische – mache davon Tafeln für zwölf Leute oder mehr. Das Mobiliar verbreitet den Charme von hellem Eichen-Echtholz. Polstermöbel in gedecktem Rot oder
Grün lassen sich vielleicht unter dem Begriff „rustikale Moderne“zusammenfassen.
Gar nicht rustikal, sondern zuvorkommend ist die
Servicebrigade,
gehüllt in karierte Hemden. Auf der Speisekarte geht es überraschend vielfältig zu. Natürlich fehlen die Klassiker schwäbischer Küchentradition nicht. Aber es gibt auch pfiffige Alternativen: zum Beispiel zur Vorspeise das Carpaccio von Karotte und Roter Beete mit gratiniertem Ziegenkäse. Was sich nach Schnickschnack anhört, ist wirklich ein toller Einstieg ins Menü: Die Grundlage bilden mit dem Trüffelhobel hauchfein aufgeschnittene Gemüsescheiben, die frischsäuerlich mariniert sind. Ein Reigen aus Orange, Walnuss und Apfel bildet das Bett, auf dem der würzige Käse liegt, versehen mit einer karamellisierten Zuckerkruste.
Die reine, weil unverfälschte Fleischbrühe kann da gut mithalten. Auch weil saftige
und extra gebratene Scheiben von der gerollten Maultasche, die durch intensive Würze glänzen, in ihr baden. Schmälzzwiebeln und Schnittlauch bringen eine leichte Süße und Frische. Viel besser kann man das schwäbische Nationalgericht nicht zubereiten.
Auch bei der als Omas Rindsrouladen betitelten Hauptspeise macht die Küche keine Fehler: Bemerkenswert tiefgründig undvielschichtig ist die Soße mit Spätburgunder. Da spaziert ein ganzer Reigen eindrücklicher Aromen am Gaumen vorbei – allen voran Fleisch und Rotwein. Die Roulade ist mit Speck und Gurke gefüllt, was ihr eine ausgewogene Balance zwischen rauchig und säuerlich verleiht. Das Fleisch ist mürbzart, ungeheuer reichhaltig die cremige Polenta, auf der es in viel Soße schwimmt. Ideal knackig dazu: Gemüsebündel mit Kohlrabi, Zuckerschote und Karotte. Ein toller Teller, hinter dem viel kulinarisches Können und einfach Sinn für Geschmack steht.
Bemerkenswert ist die sorgfältige Anrichteart jedes einzelnen Tellers. Nie ist da irgendwas bloß draufgeklatscht – auch der cremige Nachtisch mit Amarena-Eis nicht. Bei derart vielen Plätzen ist das wirklich eine Kunst, die die Erwartungen an eine Brauereigaststätte klar übertrifft.