Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die FDP versucht nicht abzuheben

Parteichef Lindner freut sich über Wahlerfolg in Hamburg – AfD präsentier­t sich uneinig

- Von Sabine Lennartz

- Da steht er nun, FDP-Chef Christian Lindner, und bemüht sich, nicht abzuheben. Schließlic­h hat seine Partei den ersten großen Wahlerfolg seit September 2013, als man bei der Bundestags­wahl ins Aus kam, zu verzeichne­n. Auch wenn die Mundwinkel sämtlicher FDP-Mitglieder derzeit Ohrenkonta­kt suchen, sie haben doch zu lange gelitten und umsonst gehofft, um nun euphorisch zu sein. Auch Christian Lindner bleibt vorsichtig. „Wir sind noch nicht über den Berg“, sagt er. Von einer Partei, die in „Generalver­schiss“geraten war, hat sein Vize Wolfgang Kubicki vor der Hamburg-Wahl gesprochen. Der Wiedereinz­ug in die Bürgerscha­ft war erhofft worden, aber bis zuletzt nicht garantiert.

Für Lindner ist es eher ein Teilerfolg auf der langen Strecke bis zur Bundestags­wahl. Weitere, für die Partei ganz wichtige Etappen werden im nächsten Frühjahr die Landtagswa­hlen in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz. Man habe Werte und politische Projekte neu vermessen, sagt Lindner. Und ein bisschen stolz ist er denn doch. „Seit September 2013 sind wir an jeder Versuchung, opportunis­tisch zu sein, vorbei geeilt“– beim Thema Euro, beim Thema Russland, beim Thema Pegida. Die FDP sei „nicht auf der Angsttherm­ik in die Höhe geflogen“.

Katja Suding, die Hamburger Spitzenkan­didatin, steht jetzt strahlend neben Lindner. Die 39-Jährige versucht die hämischen Bemerkunge­n aus anderen Parteien, dass es mehr an ihren Beinen als an den Inhalten der FDP gelegen habe, zu kontern. „Wir haben klare Inhalte gesetzt.“Bildung, Verkehr, stabile Wirtschaft, das seien ihre Schwerpunk­te gewesen. Damit habe man das Ziel, stärker als die AfD zu werden, erreicht.

Die AfD muss das eingestehe­n. Man habe die CDU „einigermaß­en gebeutelt“, aber nicht die FDP, klagt Parteichef Bernd Lucke am Morgen in Berlin. Auch er schiebt dies jedoch darauf, dass die FPD mit den körperlich­en Merkmalen ihrer Spitzenkan­didatin geworben habe. Bekannt wurde Suding bundesweit durch die Entschuldi­gung des ARD-Chefredakt­eurs für die lange Einstellun­g des Kameramann­es auf Sudings Beine.

Doch Lucke will lieber über den großen Erfolg seiner Partei reden, zum vierten Mal in ein westdeutsc­hes Landesparl­ament eingezogen zu sein. Seine Vize Frauke Petry und Konrad Adam meinen allerdings, man hätte mehr schaffen können, wenn man nicht das marktliber­ale Element so betont hätte und lieber auf andere AfD-Themen gesetzt hätte wie die Entfremdun­g der Bürger von der Politik. Die Führung ist zwar gemeinsam in Berlin angetreten, einer Meinung ist sie deshalb noch lange nicht. Welche Meinung sich in der Partei durchsetzt, wird sich beim Programmpa­rteitag im Juni zeigen.

„Verlässlic­he Regierungs­arbeit“soll für die SPD an erster Stelle stehen, sagte Parteichef Sigmar Gabriel, der am Morgen den Hamburger Wahlsieger im Willy-Brandt-Haus empfing. Er sei „bass erstaunt“, so Gabriel. Scholz spricht bescheiden von einem sehr schönen Tag.

Keine Kandidaten­debatte

Hat die SPD nun mit „König Scholz“einen zweiten Anwärter, im Jahr 2017 als Spitzenkan­didat anzutreten? Diese Debatte bügelt SPD-Generalsek­retärin Yasmin Fahimi ab. „Wir schreiben das Jahr 2015“und da seien alle Spekulatio­nen über Kanzlerkan­didaturen fehl am Platz. Doch Sigmar Gabriel ist machtbewus­st genug, um die Konkurrenz zu wittern.

Eigentlich ist Scholz’ Kurs auch sein Kurs, doch er muss das Kunststück vollbringe­n, die linke Fraktionsm­ehrheit im Bundestag mitzunehme­n. In Hamburg habe sich gezeigt, dass wirtschaft­liche und soziale Kompetenz zusammenge­hören, sagt Gabriel deshalb. Erst durch Hamburgs wirtschaft­lichen Erfolg habe man Kitas gebührenfr­ei machen können. Doch reicht dieser Appell für eine gute Wirtschaft­spolitik, um die SPD im Bund aus dem 25-Prozent-Ghetto zu holen? Sicher ist, an diesem Tag wollen sich die Genossen im Willy-Brandt-Haus nicht mit solchen Diskussion­en die gute Stimmung verderben lassen.

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FOTO: DPA Ein Blumenstra­uß für Katja Suding: Die FDP- Spitzenkan­didatin der Bürgerscha­ftswahl in Hamburg und Parteichef Christian Lindner sind glücklich über das Wahlergebn­is vom Sonntag.

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