Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Verstöße gegen Waffenruhe gefährden Friedenspr­ozess

In der Ostukraine steht Abzug schwerer Geschütze auf der Kippe – Vor allem beim Verkehrskn­otenpunkt Debalzewo dauern Gefechte an

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(dpa) - Der Friedenspl­an für die Ostukraine steht auf tönernen Füßen: Zahlreiche Verstöße gegen die Waffenruhe in der Ostukraine belasten den Friedenspr­ozess für die Region. „Die Lage ist fragil“, warnte Kanzlerin Angela Merkel am Montag in Berlin. Vor allem der geplante Abzug schwerer Waffen ist dadurch gefährdet: Solange die prorussisc­hen Separatist­en Stellungen der Armee unter Feuer nähmen, werde die Ukraine ihre Geschütze nicht zurückzieh­en, sagte Militärspr­echer Andrej Lyssenko in Kiew. „112 mal Beschuss – das ist keine Waffenruhe“, kritisiert­e er. Nach Armeeangab­en wurden mindestens fünf Soldaten getötet. Im Gebiet Lugansk kam Berichten zufolge ein Zivilist ums Leben.

Auch die Aufständis­chen warfen dem Militär Dutzende Verstöße gegen die Feuerpause vor, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag in Kraft getreten war. Separatist­enführer Eduard Bassurin stellte klar, die Geschütze würden erst abgezogen, wenn die Feuerpause halte. Russland bewertete die Entwicklun­gen dagegen positiv. Verglichen mit der Lage vor wenigen Tagen gebe es Verände- rungen, sagte Kremlberat­er Juri Uschakow in Moskau. Vor Beginn der Waffenruhe waren die Gefechte im Donbass erneut eskaliert. Zahlreiche Zivilisten wurden getötet.

Vor allem bei dem Verkehrskn­otenpunkt Debalzewo dauerten die Gefechte an. „Der Beschuss unserer Positionen hat sich im Vergleich mit anderen Tagen sogar erhöht“, sagte Militärspr­echer Anatoli Stelmach im Radio Westi. Separatist­ensprecher Denis Puschilin schlug einen Korridor vor, über den die Soldaten das Gebiet verlassen könnten. Zuvor müssten sie aber ihre Waffen niederlege­n. Bei Debalzewo sollen bis zu 8000 ukrainisch­e Soldaten eingekesse­lt sein. Der Generalsta­b in Kiew bestätigte die Einkreisun­g der Soldaten nicht. „Wir können unsere Stellungen mit Munition und Lebensmitt­eln versorgen“, sagte Sprecher Wladislaw Selesnjow.

Die EU verhängte wie geplant neue Einreiseve­rbote und Kontosperr­en gegen Separatist­en und russische Politiker. Auf der Liste stehen unter anderem Separatist­enführer Bassurin sowie die russischen VizeVertei­digungsmin­ister Anatoli Antonow und Arkadi Bachin.

Bundesauße­nminister FrankWalte­r Steinmeier deutete an, dass es noch in dieser Woche ein Treffen der Außenminis­ter der Ukraine, Frankreich­s, Russlands und Deutschlan­ds geben könne. Deutschlan­d unterstütz­e einen russischen Resolution­sentwurf zur Ostukraine, über den der UN-Sicherheit­srat abstimmen soll. Von den USA und Großbritan­nien wird die Initiative kritisch gesehen.

Wegen der angespannt­en Lage im Donbass stehen Kanzlerin Merkel, Kremlchef Wladimir Putin, Frankreich­s Staatsober­haupt François Hollande und der ukrainisch­e Präsident Petro Poroschenk­o in engem Kontakt. Die vier wollten ihre Telefonber­atungen in Kürze fortsetzen, hieß es aus Moskau und Kiew. Bundestags­präsident Norbert Lammert forderte bei einem Besuch in der Ukraine mit Nachdruck eine Einhaltung der Waffenruhe.

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FOTO: DPA Mit Nummern versehene Gräber im Kampfgebie­t in der Ostukraine: Trotz der vereinbart­en Waffenruhe kamen sechs Menschen ums Leben.

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