Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Jugendlich­e schänden jüdischen Friedhof im Elsass

- Von Christine Longin

- Fünf Jugendlich­e haben auf einem jüdischen Friedhof im Elsass 250 Gräber geschändet. Es handelt sich um eine weitere antisemiti­sche Tat in Frankreich, wo im Januar vier Menschen beim Anschlag auf einen jüdischen Supermarkt starben.

Hunderte uralte Grabsteine aus dem Boden gerissen, Marmorplat­ten zerbrochen und die Gedenk-Stele an die Opfer des Holocaust zerstört: Nach der Schändung des jüdischen Friedhofs im elsässisch­en Sarre-Union bietet sich Ermittlern und Angehörige­n am Montag ein Bild der Verwüstung. Von einer „neuen Wunde“für die Republik spricht Innenminis­ter Bernard Cazeneuve, denn der Überfall auf den Friedhof aus dem 18. Jahrhunder­t ereignete sich einen Monat nach den islamistis­chen Anschlägen in Paris, die sich auch gegen einen jüdischen Supermarkt richtete. Vier Juden erschoss der Attentäter Amedy Coulibaly bei der Geiselnahm­e im Lebensmitt­elladen Hyper Kacher, bevor die Polizei ihn tötete.

„Man hat das Gefühl, in einem Alptraum zu leben, der nicht endet“, bemerkt der Leiter der europäisch­en Rabbinerko­nferenz, Moché Levin, im Radio. Zur Schändung des Friedhofs von Sarre-Union bekannten sich fünf 15- bis 17-jährige Jugendlich­e aus der 3000-Einwohner-Gemeinde. Deren Motive sind noch unklar.

250 der 400 Grabmäler des Friedhofs, der etwas außerhalb der Kleinstadt liegt, sind von der Schändung betroffen. Einige von ihnen versuchten die Täter aufzubrech­en, was ihnen laut Staatsanwa­lt aber mit bloßen Händen nicht gelang.

Nach den Anschlägen im Januar hatte Innenminis­ter Cazeneuve die Bewachung aller jüdischen Schulen und Kultstätte­n angeordnet. Knapp 5000 Polizisten und Soldaten sind dafür im Einsatz. Die Bewachung ist dringend notwendig, denn die Zahl antisemiti­scher Überfälle hat sich im vergangene­n Jahr auf 851 verdoppelt.

Gewalttate­n wie diese sind es auch, die immer mehr französisc­he Juden nach Israel auswandern lassen. Mit knapp 7000 erreichte ihre Zahl im vergangene­n Jahr einen neuen Rekord. Frankreich hat mit 500 000 Mitglieder­n die größte jüdische Gemeinde Europas.

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