Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Jugendliche schänden jüdischen Friedhof im Elsass
- Fünf Jugendliche haben auf einem jüdischen Friedhof im Elsass 250 Gräber geschändet. Es handelt sich um eine weitere antisemitische Tat in Frankreich, wo im Januar vier Menschen beim Anschlag auf einen jüdischen Supermarkt starben.
Hunderte uralte Grabsteine aus dem Boden gerissen, Marmorplatten zerbrochen und die Gedenk-Stele an die Opfer des Holocaust zerstört: Nach der Schändung des jüdischen Friedhofs im elsässischen Sarre-Union bietet sich Ermittlern und Angehörigen am Montag ein Bild der Verwüstung. Von einer „neuen Wunde“für die Republik spricht Innenminister Bernard Cazeneuve, denn der Überfall auf den Friedhof aus dem 18. Jahrhundert ereignete sich einen Monat nach den islamistischen Anschlägen in Paris, die sich auch gegen einen jüdischen Supermarkt richtete. Vier Juden erschoss der Attentäter Amedy Coulibaly bei der Geiselnahme im Lebensmittelladen Hyper Kacher, bevor die Polizei ihn tötete.
„Man hat das Gefühl, in einem Alptraum zu leben, der nicht endet“, bemerkt der Leiter der europäischen Rabbinerkonferenz, Moché Levin, im Radio. Zur Schändung des Friedhofs von Sarre-Union bekannten sich fünf 15- bis 17-jährige Jugendliche aus der 3000-Einwohner-Gemeinde. Deren Motive sind noch unklar.
250 der 400 Grabmäler des Friedhofs, der etwas außerhalb der Kleinstadt liegt, sind von der Schändung betroffen. Einige von ihnen versuchten die Täter aufzubrechen, was ihnen laut Staatsanwalt aber mit bloßen Händen nicht gelang.
Nach den Anschlägen im Januar hatte Innenminister Cazeneuve die Bewachung aller jüdischen Schulen und Kultstätten angeordnet. Knapp 5000 Polizisten und Soldaten sind dafür im Einsatz. Die Bewachung ist dringend notwendig, denn die Zahl antisemitischer Überfälle hat sich im vergangenen Jahr auf 851 verdoppelt.
Gewalttaten wie diese sind es auch, die immer mehr französische Juden nach Israel auswandern lassen. Mit knapp 7000 erreichte ihre Zahl im vergangenen Jahr einen neuen Rekord. Frankreich hat mit 500 000 Mitgliedern die größte jüdische Gemeinde Europas.