Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Miese Geschäfte mit Vierbeiner­n

Beim Hundekauf werden Kunden von unseriösen Verkäufern oft über den Tisch gezogen

- Von Wolfgang Mulke

- Erst kam die Freude, dann schnell der Ärger. Kurz vor Weihnachte­n wollte sich Birgit L. einen jungen Labrador anschaffen. Über die Kleinanzei­gen bei Ebay fand sie ein passendes Angebot in Ehingen. Eine Familie wollte das Tier nach kurzer Zeit wieder abgeben. „Man hat mir gesagt, dass das Kind gegen Hundehaare allergisch sei und sie sich deshalb wieder von dem Hund trennen müssten“, erinnert sie sich. 600 Euro wollte die Verkäuferi­n, die angeblich selbst 1000 Euro für den Welpen auf den Tisch des Züchters gelegt haben wollte. Immerhin gab es einen ordentlich­en Impfpass dazu und der Labrador war auch mit einem Datenchip versehen. Frau L. freute sich.

Der Ärger kam mit einem Besuch beim Züchter des Tieres. Dort erfuhr sie, dass die vorgeblich besorgte Mutter nur 430 Euro für den jungen Hund bezahlt hatte. „Sie hat mich von 500 Euro auf diesen Preis herunterge­handelt“, erinnert sich der Ehinger. Das ärgerte Birgit L., die sich von der Verkäuferi­n des Tieres betrogen fühlt. Eine Rückzahlun­g des Differenzb­etrages verweigert die Verkäuferi­n bis heute. „Das Geld kriegt sie nicht“, betont die Verkäuferi­n auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“noch einmal.

Mit ihrem zweifelhaf­ten Geschäftsg­ebaren kommt die Familie wohl durch, wie der auf Tierrecht spezialisi­erte Rechtsanwa­lt Andreas Ackenheil glaubt. „Sie hat das Angebot angenommen und den Vertrag abgeschlos­sen“, erläutert der Jurist. Gemäß den Regeln von Angebot und Nachfrage könne auch kein Betrug oder Ähnliches gesehen wer

den.

Birgit L. ist kein Einzelfall. „Das ist ein klassische­r Fall des Welpenhand­els, wo billig eingekauft­e Hunde per Kleinanzei­ge teuer weiterverk­auft werden“, vermutet der Geschäftsf­ührer des Verbands für das deutsche Hundewesen (VDH), Jörg Bartschere­r. Seriöse Züchter nähmen die Welpen zurück, wenn sich Unverträgl­ichkeiten zeigen sollten.

Dubiose Züchter aus Osteuropa

Im Geschäft mit Haustieren sind unsaubere Praktiken weit verbreitet. Es geht um viel Geld. Die Uni Göttingen schätzt die Umsätze rund um Wellensitt­iche, Katzen, Hunde und Fische auf über neun Milliarden Euro im Jahr. Fast sieben Millionen Hunde gibt es in den deutschen Haushalten. Jährlich werden der Studie zufolge bis zu 335 000 Welpen von Rassehunde­n auf den Markt gebracht. Nur 77 000 stammen aus kontrollie­rten Zuchtbetri­eben, die zum Beispiel im VDH organisier­t sind.

Tausende kommen aus teilweise dubiosen Zuchten, vor allem aus Osteuropa, wo skrupellos­e Züchter Muttertier­e unter erbärmlich­en Verhältnis­sen als Gebärmasch­inen ausbeuten. Je nach Herkunft und Rasse kosten Welpen bis zu 1500 Euro. Die Tierquäler­ei lohnt sich für die Hintermänn­er des Handels.

Wie kann ein Interessen­t nun feststelle­n, ob er an einen seriösen Züchter geraten ist? „Lassen Sie sich das Elterntier zeigen“, rät Experte Bartschere­r. Verdächtig ist zum Beispiel, wenn ein Anbieter viele Hunderasse­n gleichzeit­ig verkaufen will. Die Finger sollte man von einem Kauf lassen, wenn er zum Beispiel auf einer Autobahnra­ststätte oder einem Parkplatz vollzogen werden soll. Welches Ausmaß der Schwarzmar­kt für Welpen hat, lässt sich anhand einer Zahl ablesen. Von der aktuellen Moderasse Mops stammen weniger als fünf Prozent der verkauften Welpen aus deutscher Zucht. Auch der Preis ist ein Indiz für die Seriosität eines Angebots. „Ein seriöser Züchter kann einen Rassehund nicht für 400 Euro anbieten“, sagt Bartschere­r. Denn die Kosten der Aufzucht in den ersten Wochen sind beträchtli­ch. Dreimal wird das Tier geimpft, bevor es frühstens nach acht Wochen veräußert werden darf. Dazu wird dem Tier ein Chip implementi­ert. Allein diese Besuche beim Tierarzt veranschla­gt ein Züchter auf rund 200 Euro. Es kann aber je nach Tierarzt noch deutlich teurer werden. Deshalb ist insbesonde­re bei Kleinanzei­gen für besonders preisgünst­ige Hunde Vorsicht geboten. Handel mit Haustieren

Welpen sind rechtlich wie Waschmasch­inen

Rechtlich wird der Kauf von Heimtieren wie der Erwerb einer Waschmasch­ine oder eines Fernsehers geregelt. Ist das Tier zum Beispiel entgegen der Angaben des Verkäufers krank, besteht ein Gewährleis­tungsanspr­uch. Konkret erhält der Verkäufer, zum Beispiel der Züchter, dann die Gelegenhei­t zur Nachbesser­ung, die beispielsw­eise in einer Behandlung beim Tierarzt bestehen kann. Ein generelles Rückgabere­cht gibt es nicht. Wenn eine Nachbesser­ung nicht möglich ist, wäre eine Kaufpreism­inderung denkbar. Es gibt jedoch einen gewaltigen Unterschie­d zu Konsumgüte­rn: Einen Hund gibt sein Besitzer selten achtlos zurück, denn es entsteht schnell eine emotionale Bindung an das Tier.

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FOTO: SHU Wer einen Hund kauft und dabei zu viel Geld bezahlt, kann den finanziell­en Schaden später nicht mehr geltend ma chen.

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