Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Wir sind eine politische Band“

Im 27. Bandjahr bleiben die Punkrocker von Dritte Wahl kritisch

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Mit „Geblitzdin­gst“sind Dritte Wahl auf Platz 23 der Albumchart­s eingestieg­en. Bevor sich die Rostocker Punkrocker im April nun auf Tour begeben, hat David Drenovak mit Sänger Gunnar Schröder über Punk, Fußball und Politikver­drossenhei­t gesprochen.

Die neue Platte ist an manchen Stellen softer, aber enthält immer noch viel Gesellscha­fts- und Sozialkrit­ik. Da ändert sich also nichts?

Wir sind eine politische Band, die werden wir immer sein. Selbst wenn Dritte Wahl mal ein ganz unpolitisc­hes Album machen würde, dann werden wir immer noch durch unsere Ausstrahlu­ng und die früheren Songs politisch bleiben. Allerdings gehe ich, wenn ich die Texte schreibe, nicht dran und sage, auf der Platte müssen 50 Prozent politische Songs sein. Es sind einfach die Sachen, die mir so einfallen.

Was haltet Ihr von Pegida oder dem Rostocker Ableger Rogida?

Klar beschäftig­en wir uns damit. Ich selbst war bei den Gegenveran­staltungen. In Rostock gab es zwar keine Märsche, aber dafür in Schwerin und Stralsund. Dort hat man gleich gesehen, wer da am Start ist. Da sind viele von der NPD mitgelaufe­n. Die Pegida-Entwicklun­g kam für die aktuelle Platte zu spät. Wir hatten die Vorpro- duktion schon im Sommer fertig. Und ich hoffe, dass in spätestens einem Jahr das Ganze auch wieder verschwund­en ist. Das ist eine ganz unsägliche Geschichte, was sich da aus Unkenntnis und Stumpfheit zusammenge­braut hat. Es ist ganz schön erschrecke­nd, wie viele Leute da mitmachen.

Du stellst Dich da auch ganz klar dagegen.

Ja, auf jeden Fall. Ich finde es ist wichtig, wie meine eigene Heimatstad­t auf andere Leute wirkt. Ich wohne zwar jetzt in Münster, aber ich fühle mich immer noch als Rostocker. Rostock ist immer noch ein Teil von mir. Ich war damals gerade in Rostock als die Gegendemo lief, da habe ich mir gesagt, da musst du hin. Ich möchte nicht, dass das nach außen so aussieht, als ob hier nur solche Leute leben. Wir hatten schon genug Stress mit dieser Geschichte damals in Lichtenhag­en. Und dieser Ruf wird uns wahrschein­lich noch in 100 Jahren anhängen.

Was sagst Du zur aktuellen Punkszene in Deutschlan­d?

Die Punkszene ist immer noch sehr lebendig in Deutschlan­d. Sie ist anders als früher. Natürlich sind viele älter geworden und es kommt nicht mehr so viel Nachwuchs wie früher. Sie ist trotzdem immer noch agil. Viele Bands sind jetzt auch kommerziel­l erfolgreic­h, zum Beispiel die Broilers. Das hat sich auch in diese Richtung entwickelt.

Liegt es vielleicht auch daran, dass die Jungen politikver­drossen sind?

Ich weiß gar nicht, ob heute viel mehr aktiver sind als früher. Ich hab manchmal das Gefühl, manche Kids interessie­ren sich nur noch für Dschungelc­amp und so ’nen Scheiß. Aber ich weiß nicht, ob es nicht früher auch diese graue Masse gegeben hat, denen alles egal war. Ich weiß nicht, ob ich da so einen richtig realistisc­hen Blick auf die Sache habe. Ich weiß aber, dass es immer noch viele junge Leute gibt, die politisch interessie­rt sind, und sich auch engagieren – in der Tier- oder Menschenre­chtsbewegu­ng. Es ist natürlich auch so, dass es heute sehr aufgespalt­en ist. Vielleicht kommt es auch daher, dass alles doch ein bisschen auseinande­rgelaufen ist und es damals nicht so organisier­t war wie heute.

Wie seid Ihr auf „Geblitzdin­gst“gekommen?

Den Refrain von dem Song schlepp’ ich schon seit drei, vier Jahren mit mir rum. Die Idee hatte ich schon ziemlich lange, wusste aber noch nicht wohin mit dem Text – ob der jetzt politisch werden soll oder rein privat. Jetzt ist es eigentlich eine Mi- schung aus beidem geworden. Mit „Geblitzdin­gst“kann man eine Menge machen, auch auf der Bühne. Es ist einfach ein lustiger Name, der im Ohr bleibt.

Die Gretchenfr­age zum Abschluss. Beim Fußball, Hansa Rostock oder Preußen Münster?

In erster Linie bin ich Rostocker. Aber ich freue mich auch für die Münsterane­r, wenn sie gewinnen, vielleicht nicht gerade gegen Hansa.

World- Brass- Pop aus Nürtingen

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FOTO: BEN KRIEMANN Ihre Tour führt Krel, Stefan und Gunnar ( von links) im Frühjahr nach Stuttgart, Freiburg und München.
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