Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Am Anfang waren nur die Froschkutteln
Heute findet zum 186. Mal das Froschkutteln statt- Traditionsveranstaltung hat sich im Laufe der Jahre gewandelt
- Treffen am Rathaus, Stumpen rauchen, Kantelmarsch, Platz erkämpfen, Narrenlieder singen, Vorträge hören, Froschkutteln essen und dann Abrutschen – so ist es jedes Jahr, so wird es auch dieses Jahr sein: Das Froschkutteln ist eine einzige Tradition. Doch was so festgefügt daherkommt, hat sich im Laufe der Jahre so entwickelt. Langjährige Froschkuttler, wie Gebhard Kegel, Emil Baier oder Josef Braun kennen es noch anders.
Josef Braun und Gebhard Kegel, beide schon 94 Jahre alt, kennen das Froschkutteln noch im „Storchen“. Das war die erste Station des Kuttelnmahls in Riedlingen. Bis 1957 haben sich die Männer der Stadt dort getroffen. Doch das waren nur wenige. „Nur 30 oder 40 waren es damals“, erinnert sich Gebhard Kegel. „Damals kam man nur mit einer Einladung rein“, erzählt Josef Braun. Er durfte zu der Zeit noch nicht teilnehmen. Er habe als junger Kerl schon bei der Stadtmusik gespielt und die war nicht beim Kuttelmahl zugelassen, „wir waren im Karpfen“. Doch wenn die Männer über die Brücke gingen, hat die Stadtmusik musiziert. „Dr. Mißmahl war immer der erste der rauskam“, erinnert sich Braun.
Zigarren und Kantelmarsch um den Stock waren noch keine Tradition. Auch Abgerutscht wurde im „Storchen“noch nicht, durch die Eingangstüre konnten die KuttelmahlTeilnehmer allerdings auch nicht raus. Denn diese wurde mit Ziegelsteinen zugestellt und dann mit Brettern provisorisch zugenagelt, sagt Jo- sef Braun. Also mussten sich die Männer über eine kleine Brücke auf die Veranda des Nachbarhauses hangeln.
Wegen Platzmangels, so erinnert sich „Gebhardo“Kegel, wechselte man in den Gasthof „Engel“. Der befand sich damals in der Donaustraße, in der Haushälfte, in der heute das Eiscafé „Rialto“ist. Da hatten dann schon deutlich mehr Gäste Platz. Dort wurde erstmals abgerutscht, allerdings noch nicht als Dauereinrichtung.
Politische Vorträge wurden damals noch keine gehalten, erzählt Emil Baier. Die Vorträge waren auf Personen gemünzt und nahmen Ungeschicklichkeiten aufs Korn. „Das war zum Teil sehr persönlich“, erinnert sich Baier. Da hat so mancher Teilnehmer heftig was abgekriegt. Aber Ärger habe das so weit er sich erinnere, nicht gegeben. „Das musste man einstecken“. Vorträge, in denen die Lokalpolitik zum Thema wurde, seien erst Jahre später im „Mohren“aufgekommen, erinnern sich die drei betagten Herren, die allesamt schon den Großen Froschkuttelorden für 50-malige Teilnahme haben.
Es gab allerdings auch schon Tra- ditionen, die sich von frühen Zeiten bis heute gehalten haben: Nicht nur die Froschkutteln, die in all den 186 Jahren als Speise zubereitet wurden. Auch damals wurde schon das GoleLied gesungen. Allerdings auch mit einer kleinen Besonderheit: Während man es heute zumeist gemeinsam oder zumindest in einer größeren Gruppe singt, wurden damals Sänger einzeln nach vorne zitiert. Mindestens bei einem Viertel des Lieds musste einer allein singen, sagt Baier.
Die Sitten waren zum Teil noch deutlich strenger. Die gesetzten Herren hatten das Sagen. „Wir Jungen waren nur geduldet“, erzählt Baier. Man durfte am Rand sitzen bleiben.
Erst mit dem Umzug in den „Mohren“hat sich vieles geändert, so wie man es heute kennt, auch die Plakette gibt es erst seit dem Mohren. Dazwischen lag noch eine weitere Station: Der „Ochsen“am Marktplatz, in dem heute die Volksbank-Raiffeisenbank zuhause ist. Auch von dort wurde schon abgerutscht. Aber auch der Ochsen wurde bald zu klein und der Umzug erfolgte in den „Mohren“, wo dann schon über 300 Gäste Platz hatten. Durch die Schließung des Hotels finden sich heute die Froschkuttler im Sitzungssaal des Rathauses wieder, wo im vergangenen Jahr 370 Männer zu Gast waren.
Platz verteidigen
Doch seit dem „Mohren“haben sich viele Traditionen verfestigt: Von den Zigarren über den Marsch um den Stock, bis hin zum Ablauf der Veranstaltung. Aber es gibt auch viele ungeschriebene Gesetze: Etwa dass die Teilnehmer immer am gleichen Platz sitzen und diesen heftig verteidigen. Sogar die Kleidung ist bei vielen Männern seit Jahren die gleiche: Tradition ist eben Tradition, Jahr für Jahr.
Gebhard Kegel, Emil Baier und Josef Braun wollen heute wieder dabei sein. „Ich mein halt, ich müsste hin“, sagt Baier. Auch weil man dort viele ehemalige Riedlinger trifft. Sie werden wieder Froschkutteln essen, Wein trinken, den Vorträgen lauschen. So wie viele Jahre.
Eines allerdings hat Josef Braun noch nicht erlebt: das Abrutschen. Auch wenn er früher als Schlosser dafür verantwortlich war, dass die Haken für die Rutsche richtig angebracht waren. Selbst benutzt hat er diese nie. Und das wird sich vermutlich auch nicht mehr ändern.