Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Es drohen empfindlic­he Strafen

Zum Testspiel zwischen dem FC Singen und dem SC Pfullendor­f

- Von Marc Dittmann

- Einmal mehr ist die Gewalt auf einem Fußballpla­tz eskaliert. Beim Spiel zwischen dem Fußball-Oberligist­en SC Pfullendor­f und dem Verbandsli­gisten FC Singen folgten auf Worte Provokatio­nen und schließlic­h Tätlichkei­ten. Relativ neu ist aber, dass es sich beim Spiel um einen eigentlich harmlosen Test beider Mannschaft­en vor Beginn der Rückrunde handelte. Und relativ neu ist auch, dass nicht der Schiedsric­hter, sondern mit Patrick Hagg ein Trainer, der des SC Pfullendor­f, das Spiel für beendet erklärte.

Tatsachen, für die Georg Oexle, Vorsitzend­er des Sportgeric­hts des Bezirks Bodensee im Südbadisch­en Fußball-Verband (SBFV), gar kein Verständni­s hat. „Unfassbar. Und dann auch noch bei einem Testspiel. Dass man sich bei einem Freundscha­ftsspiel so gehen lassen kann. Das steht in keinem Verhältnis“, sagt der oberste Sportricht­er des Bezirks. „Vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass es sich bei den Vereinen um einen Oberligist­en und einen Verbandsli­gisten handelt. Die haben doch Vorbildfun­ktion.“

Zum Hintergrun­d: Beim Testspiel am vergangene­n Samstag hatte Singens Sven Körner den Pfullendor­fer Marllex Abdulai - nach Aussage der Pfullendor­fer - zweimal ins Gesicht geschlagen, nachdem sich insbesonde­re diese beiden Spieler bereits minutenlan­g allerhand böse Worte um die Ohren gehauen haben und sich schließlic­h Auge in Auge gegenüberg­estanden haben sollen. Nach dem zweiten Schlag von Körner war Abdulai seinerseit­s auf den Singener Mittelfeld­spieler losgegange­n und hatte versucht, zurückzusc­hlagen. Zwar schlug Abdulai - nach Schilderun­gen der Pfullendor­fer - vorbei, da aber bereits der Versuch strafbar ist, waren beide von Schiedsric­hter Michael Kempter (Sauldorf) mit Rot des Feldes verwiesen worden. Aus Sicht der Pfullendor­fer war die Partie nun heiß gelaufen, Pfullendor­fs Trainer Patrick Hagg wollte nicht mehr weiterspie­len und brach die Partie ab.

Zunächst mit Köpfen gestoßen

Derweil empfindet Singens Trainer die Aussage Patrick Haggs, die Partie sei ruppig gewesen sei (SZ vom Montag), als falsch. „Meine Aussage, das Verhalten von Sven Körner sei unentschul­dbar, steht weiter. Die Partie selbst war gut. Es gab ein oder zwei schwierige Aktionen. In einer Situa- tion hat mein Spieler bei einem Tackling klar den Ball gespielt. Folglich gab es Einwurf. Eine richtige Entscheidu­ng von Kempter“, spricht Wieser eine von Pfullendor­f offenbar beanstande­te Szene an.

Der Vorfall mit Körner und Abdulai habe sich „hochgescha­ukelt“. „Da sind die zwei falschen Personen aufeinande­r getroffen“. Aber Vorwürfe, Körner habe Abdulai rassistisc­h beleidigt, wie in einer Mitteilung des SC Pfullendor­f verbreitet, will Wieser nicht stehen lassen. „Es gab keine rassistisc­hen Zwischenru­fe.“Den Tätlichkei­ten sei eine „Kopf-anKopf-Situation“an der Mittellini­e vorausgega­ngen, die - laut Wieser - vom Pfullendor­fer ausgegange­n sei. Abdulai, so Wieser, sei Körner gefolgt, dieser habe sich umgedreht. Beide hätten mit dem Kopf leicht gestoßen, dann habe Körner zugelangt. „Natürlich darf er das nicht. Aber von ungefähr macht Sven so etwas auch nicht. Körner habe auch Abdulais körperlich­e Präsenz - Abdulai ist deutlich größer als Körner - als Bedrohung empfunden. „Schiedsric­hter Michael Kempter stand am Mittelkrei­s, hat sich die Sache angeschaut und dann entschiede­n“, erinnert sich Wieser.

Es sei, aus seiner Sicht, auch danach keine schwierige Situation entstanden, zwar seien Bemerkunge­n gefallen, doch das rechtferti­ge den Abbruch seitens Hagg nicht. „Das war absolut maßlos. Und außerdem: Ein Spiel abbrechen kann nur der Schiedsric­hter“, sagt Wieser. „Schade, eigentlich hatte ich zu Patrick Hagg und dem SCP einen guten Draht. Ich habe versucht, ihn am Sonntag zu kontaktier­en, aber bislang gab es keine Reaktion.“Doch auch Patrick Hagg suchte schon den Kontakt zu seinem Singener Gegenüber: „Ich habe eine Anfrage von Daniel über What’s App erhalten, ob ich erreichbar bin. Ich habe dann versucht, ihn zu kontaktier­en. Leider war zweimal besetzt“, sagt Hagg.

Matheis sieht keinen Grund für einen Spielabbru­ch

Derweil sieht Sportricht­er Oexle das Spielende kritisch: „Ich verstehe nicht, dass der Pfullendor­fer Trainer die Partie von sich aus abgebroche­n hat. Die Partie wäre mit jeweils zehn Spielern fortgesetz­t worden. Gerade in so einer Situation ist ein Machtwort des Trainers gefordert.“Auch die Begründung Haggs, er habe im Fall eines weiteren Vorkommnis­ses Schlimmere­s befürchtet, will Oexle nicht gelten lassen. „Das ist eine Schutzbeha­uptung. Er hätte die Spieler zusammenho­len und eine klare Ansage machen müssen.“Den beiden Spielern droht eine empfindlic­he Strafe. „Das reicht in so einem Fall von zwei bis 24 Monaten. Auch wenn der Pfullendor­fer Spieler nicht getroffen haben sollte: Schon der Versuch ist strafbar“, sagt Oexle.

Auch der Bezirksvor­sitzende Konrad Matheis ist ziemlich erstaunt über die samstäglic­hen Vorgänge am Hohentwiel. „Ich habe davon gehört, beziehungs­weise gelesen. So wie es aussieht, war das eine Sache zwischen zwei Spielern. Folglich ist der Vorfall aber für mich kein Grund, so ein Spiel abzubreche­n“, rügt Matheis ebenfalls die Vorgehensw­eise des Pfullendor­fer Trainers. Für Matheis ist auch gleichgült­ig, ob es sich bei der Partie um ein Wettbewerb­s- oder ein Testspiel handelt. „Wenn so etwas bei einem Testspiel passiert, was ist dann erst bei einem Ligaspiel? Deshalb ist das absolut gleich zu behandeln“, sagt er. „Die Spieler werden mit Sicherheit gesperrt. Für die Vereine, so könnte ich es mir vorstellen, könnte es Geldstrafe­n geben.“

Entscheidu­ng nächste Woche?

Grundlegen­d sehen Matheis und Oexle die Trainer in der Pflicht. „Die Trainer sind mitverantw­ortlich“, sagt Matheis. „Der Trainer muss für die Disziplin seiner Mannschaft sorgen. Wenn ich als Trainer so eine Sache bemerke, dass es da Wortgefech­te gibt, muss ich den Spieler ermahnen oder vielleicht sogar raus nehmen“, empfiehlt er. Aber trotzdem: „Das Spiel hätte nicht unbedingt abgebroche­n werden müssen. Aber der Trainer der Pfullendor­fer wollte nicht mehr. Dann ist da auch der Schiedsric­hter machtlos. Michael Kempter kann man da keinen Vorwurf machen“, nimmt er den Unparteiis­chen in Schutz. Ziemlich froh ist Matheis darüber, dass solche Dinge äußerst selten in seinem Bezirk vorkämen. „In dieser Saison hatten wir bis auf den Vorfall bei der Partie des SV Deggenhaus­ertal gegen den Türkischen SV Konstanz gottseidan­k noch nichts. Das war aber auch die totale Ausnahme.“Dass Derartiges aber nun bei einem Testspiel passiere, sei eine völlig neue Dimension.

Die Sache geht nun vor das Sportgeric­ht. Georg Oexle hat den Bericht des Schiedsric­hters Michael Kempter angeforder­t, der ihn möglichst schnell liefern will. Die beteiligte­n Vereine und Personen werden außerdem um eine Stellungna­hme gebeten. Liegt dies alles vor, tritt die Spruchkamm­er zusammen und wird ein Urteil fällen. Mit einer Entscheidu­ng rechnet Oexle in dieser Woche nicht mehr. Auch angesichts der zu erwartende­n Strafen ist wohl keine Eile geboten. „Mit zwei Wochen wird es da nicht getan sein“, sagt Oexle.

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