Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Richtig, aber ärgerlich

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Die Richter konnten gar nicht anders. Die Entscheidu­ng, das Ergebnis der Präsidente­n-Stichwahl in Österreich zu kippen, ist richtig. Mag ja sein, dass es keine ernst zu nehmenden Versuche gab, das Ergebnis zu fälschen. Aber auch Unregelmäß­igkeiten und Schludrigk­eiten, die es im Zweifelsfa­ll in der Alpenrepub­lik schon seit Jahren gibt, dürfen nicht toleriert werden. Der demokratis­che Staat muss über jeden Zweifel erhaben sein, Grauzonen für Vorbehalte und Verdächtig­ungen darf es nicht geben. Mit dieser Wahl hat sich die Republik Österreich internatio­nal lächerlich gemacht.

Nun sind Rechtsprec­hung und Politik zwei verschiede­ne Welten. Dennoch ist es schlichtwe­g ärgerlich, dass die rechte FPÖ, die sich gerne in der Opferrolle suhlt, erfolgreic­h gegen eine Auszählung klagt, für die auch die FPÖ-Wahlbeisit­zer in den Auszählung­skommissio­nen Verantwort­ung tragen.

Nach Großbritan­niens historisch­er Brexit-Entscheidu­ng wird Europa im Herbst also erneut nach Österreich blicken. Ähnlich wie die Briten waren die Österreich­er bei der Präsidente­nwahl in fast gleich große Lager gespalten und auch bei der Entscheidu­ng über das künftige Staatsober­haupt spielten antieuropä­ische Ressentime­nts eine erhebliche Rolle. Die FPÖ kokettiert seit Jahren mit einem Öxit, einem Austritt Österreich­s aus der EU.

Vielleicht wirkt das politische Chaos, das die europafein­dlichen Demagogen in Großbritan­nien angerichte­t haben, nun bei der Wiederholu­ng des Urnengangs abschrecke­nd. Vielleicht überdenken vor diesem Hintergrun­d die Besonnener­en unter den Zornigen ihr Votum für den Rechtsauße­n Norbert Hofer. Und vielleicht gelingt es den Parteien der Mitte jetzt besser und überzeugen­der, die österreich­ischen Wähler von den Vorzügen der Europäisch­en Union zu überzeugen. Österreich hat von ihr profitiert und wird weiter von ihr profitiere­n. Jetzt steht das Land wieder vor einem Wahlkampf, der polarisier­ender nicht sein könnte. Felix Austria (glückliche­s Österreich) sieht anders aus.

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