Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Landtag soll zu CETA Farbe bekennen
Erster Volksantrag im Südwesten richtet sich gegen umstrittenes Freihandelsabkommen
- Guido Klamt ist Landesvorsitzender der ÖDP. Als solcher will er sich am Freitag in Stuttgart aber nicht verstanden wissen, sondern als Speerspitze eines viel breiteren Bündnisses, das er anstrebt. Mit diesem will er gegen das Freihandelsabkommen CETA kämpfen. Die Waffe seiner Wahl ist hierfür ein Volksantrag, den er am Freitag gestartet hat. Doch was bringt ein Volksantrag auf Landesebene, wenn EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Dienstag erklärte, dass die Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten gar nicht in die Entscheidung über CETA eingebunden werden sollen? Klamts Antwort: Die Landtagsabgeordneten sollen sich eindeutig positionieren.
Da dies der erste Volksantrag im Land ist, habe es klärende Gespräche mit der Landtagsverwaltung bedurft, berichtet Klamt. Diese nimmt den Antrag entgegen, „auch für die ist alles neu“. Seine Motivation: Klamt sieht die Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA) als „undemokratisch“an. Im Wortlaut fordert der Volksantrag den Landtag dazu auf, sich gegen CETA auszusprechen und das Abkommen im Bundesrat abzulehnen.
Klamt geht es aber vielmehr darum, dass die Abgeordneten Farbe bekennen – für oder gegen CETA. Die entsprechenden Passagen im grünschwarzen Koalitionsvertrag seien nicht aussagekräftig genug. In der entsprechenden Passage auf Seite 17 heißt es, dass die Regierung ihre Zustimmung zu derlei Abkommen von diversen Kriterien wie Verbraucherund Umweltschutz abhängig mache und auf ein Recht auf – beispielsweise kommunale – Regulierung poche.
Kritik an Schiedsgerichten
Klamt reicht das nicht. Er will ein Bekenntnis gegen CETA. Warum, das erklärt auch der ehemalige ÖDPBundesvorsitzende und Europaabgeordnete Klaus Buchner. Die vorgesehenen Schiedgerichtshöfe seien keine Gerichte in unserem Sinne, sagt er etwa. „Nicht der Schaden, sondern der entgangene Gewinn soll kompensiert werden.“Wie so etwas laufen kann, sehe man am Beispiel von Vattenfall. Der schwedische Energiekonzern 2012 hat die Bundesrepublik vor einem internationalen Schiedsgericht auf 4,7 Milliarden Euro verklagt. Das entspreche der Summe, die Vattenfall entgeht, nachdem die Bundesregierung den Atomausstieg beschlossen und zwei Kraftwerke des Konzerns stillgelegt hat. Den deutschen Kernkraftwerkbetreibern steht solch eine Klagemöglichkeit nicht zu. Buchner kritisiert: „Die Richter sind nicht unabhängig“, das Verfahren zudem nicht transparent.
In Bayern ist die ÖDP bekannt dafür, direktdemokratische Elemente zu nutzen. Am bekanntesten ist das Volksbegehren zum Nichtraucherschutz, das 2010 zu einem Volksentscheid führte. Das aktuelle Volksbegehren gegen CETA in Bayern, an dem auch die ÖDP beteiligt ist, sei für ihn Vorbild, erklärt Klamt. Noch, betont er, habe er keinen der großen Interessenverbände ins Boot holen können, doch er erfährt Unterstützung von kleineren wie dem Verein Pro Rauchfrei oder Schüler für Tiere. Die Aktion werde ausschließlich über private Spenden finanziert. Das Ziel: Bis zum Frühsommer 2017 sollen 40 000 Unterschriften gesammelt sein. Der Landtag soll den Antrag nämlich noch vor der Bundestagswahl im September behandeln. Mehr zum CETA-Volksantrag gibt es im Internet: ANZEIGE