Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Kein Platz für Luchs und Otter
Ermittlungen gegen Umweltstraftäter verlaufen in der Regel im Sande
- Vor zehn Jahren hat sich herausgestellt, dass Bayern nicht groß genug ist für einen Problembären wie Bruno, der ausgestopft in einem Münchener Museum zu besichtigen ist. Aber auch die zaghaften Versuche anderer streng geschützter Wildtiere in Bayern wieder Fuß zu fassen, sind vielen Zeitgenossen ein Dorn im Auge. Das bekommen Wölfe, Luchse, Fischotter und Wildkatzen zu spüren, aber auch Greifvögel und Eulen.
Auf Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Florian von Brunn hat das bayerische Umweltministerium jetzt aufgelistet, was den Behörden in den letzten fünf Jahren über die Tötung und das ungeklärte Verschwinden streng geschützter Wildtiere bekannt geworden ist. Dazu kommen nicht wenige Tiere, die dem Straßenverkehr zum Opfer fallen. SPD-Politiker von Brunn geht von einer großen Dunkelziffer aus. Luchse zum Beispiel sind bei Jägern und Jagdpächtern nicht gerne gesehen, Fischotter bei Fischzüchtern und Anglern. Aber auch Trophäenjagd könnte bei Luchstötungen eine Rolle spielen.
Die Liste, die von Brunn auf seine Anfrage erhielt, ist lang und grausam. Bemühungen, in Ostbayern Luchs und Fischotter wieder heimisch zu machen, werden – so scheint es – von Unbekannten systematisch zunichtegemacht. Nachgewiesen ist die illegale Tötung von drei Fischottern und fünf Luchsen in den Landkreisen Cham, Regen und Freyung-Grafenau, ohne dass Täter ermittelt wurden. Dazu kommen 14 Luchse, die in den letzten Jahren in diesen Regionen spurlos verschwanden, was sich Wildbiologen nur mit gewaltsamen Eingriffen erklären können. „Ich bin mir sehr sicher, dass es in den meisten Fällen um Wilderei geht“, meint von Brunn.
Alle diese Tiere, heißt es in dem Schreiben von Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) an den SPDUmweltpolitiker, hätten sich in ihrem Territorium nicht länger als 30 Monate halten können, was „sehr ungewöhnlich ist“. Ebenfalls ungewöhnlich ist, dass seit 2010 fast 100 Fischotter von Autos überrollt wurden. „Auch da muss etwas getan werden“, fordert der Abgeordnete von Brunn.
In ganz Bayern werden ständig streng geschützte Vögel geschossen und vergiftet. Es trifft Habichte, Wanderfalken, Mäusebussarde, Sperber, Rotmilane, Kornweihe und Uhus. Im Landkreis Straubing-Bogen wurde 2010 sogar ein Gänsegeier vergiftet aufgefunden und im Landkreis Neustadt an der Aisch 2011 ein Seeadler geschossen. Oft kamen die Vögel durch Aufnahme vergifteter Beutetiere um, was gleichwohl eine Umweltstraftat wäre – die gefundenen Substanzen waren verboten.
Dem Landesamt für Umwelt wurden von 2010 bis 2015 insgesamt 85 solcher Fälle bekannt. Nur ein einziger wurde zur Anzeige gebracht. Der SPD-Parlamentarier von Brunn findet das „unverständlich“.
Selbst wenn sich die Polizei mit den Wildtiertötungen beschäftigt, verlaufen die Ermittlungen in der Regel im Sande. Das trifft auch für den Fall zu, der nach dem Abschuss von Bruno die Öffentlichkeit am meisten bewegt hat: Im vergangenen Jahr wurden nahe einer Fotofalle vier Luchs-Vorderpfoten gefunden. Umweltministerin Scharf setzte eine Belohnung von 10 000 Euro für Hinweise auf die Täter aus. Die Belohnung wurde bisher nicht abgerufen.
Nur im Falle des im Landkreis Neustadt/Aisch abgeschossenen Seeadlers und eines in einer Tierfalle bei Forchheim verendeten Greifvogels konnten Tatverdächtige gefunden werden, doch die Verfahren wurden eingestellt. Ein Tatnachweis habe nicht mit der erforderlichen Sicherheit geführt werden können, ließen die zuständigen Staatsanwaltschaften wissen.