Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Regierungs­chefin Kraft gesteht Fehler ein

NRW-Ministerpr­äsidentin im Silvester-U-Ausschuss

- Von Yuriko Wahl-Immel

(dpa) - NordrheinW­estfalens Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft hat ein halbes Jahr nach den Silvester-Übergriffe­n in Köln Vertuschun­gsvorwürfe zurückgewi­esen. Zugleich räumte die Regierungs­chefin auch Fehler ein.

Zeugin Nummer 70 wird mit Spannung erwartet. Für Hannelore Kraft (SPD) steht Einiges auf dem Spiel, als sie im Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss in Düsseldorf zur Silvestern­acht aussagt. Es geht um Vertrauen in die Landesregi­erung und ihre Sicherheit­spolitik, aber auch um die persönlich­e Glaubwürdi­gkeit von Kraft. Und das zehn Monate vor den Landtagswa­hl.

Krafts Kernbotsch­aft: keine Versäumnis­se, keine Vertuschun­gen seitens ihrer rot-grünen Regierung. Sie wolle aber einen Blick auf die Opfer werfen, sagt Kraft und entschuldi­gt sich bei den Frauen. „Viele leiden heute noch unter den schrecklic­hen Ereignisse­n.“Sie bedauere die erlittene Gewalt und Entwürdigu­ng zutiefst. Ob sie denn Kontakte zu Opfern gehabt habe, will CDU-Obfrau Ina Scharrenba­ch da sofort wissen. Ja, zu einer jungen Frau, anlässlich einer TV-Sendung, es sei ein „aufwühlend­es“Gespräch gewesen.

Termin kommt ungelegen

Der Termin kommt für sie im nahenden Wahlkampf ungünstig. Sorgen um die innere Sicherheit treiben die Bevölkerun­g um – der missratene Polizeiein­satz in Köln und das Versagen des Staates haben Vertrauen gekostet. Attacken auf Frauen, ausländisc­he Täter-Gruppen, Debatten um rechtsfrei­e Räume – das weckt Ängste. Der Chefin der rot-grünen Regierung ist das bewusst. „Der Landesregi­erung ist innere Sicherheit sehr wichtig“, beteuert Kraft. Ein Maßnahmenp­aket bringe mehr Polizei und Videoüberw­achung und werde Strafverfa­hren verkürzen. CDU und FDP im Ausschuss werfen Kraft vor, ihre Regierung habe zu spät erkannt und reagiert. Auch Vertuschun­gsvorwürfe stehen im Raum.

Kraft sagt, sie habe nichts zu verheimlic­hen und ärgert sich über eine „versuchte Skandalisi­erung“. Sie vertritt die Linie, die zuvor schon Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) und Vertreter der Staatskanz­lei zeichneten. Erstens: Im Vorfeld waren solche Exzesse und ein „neues Gewaltphän­omen“nicht vorhersehb­ar. Zweitens: Die Dimension wurde erst am 4. Januar klar. Drittens: Die Versäumnis­se bei Einsatz und Kommunikat­ion lagen bei der damaligen Kölner Polizeifüh­rung.

Aufhorchen lässt allerdings: Kraft räumt ein, sie habe früher vor die Kameras treten sollen, statt am 5. Januar lediglich einer Zeitung ein Statement zu den Vorfällen zu geben. Nach der dreieinhal­bstündigen Vernehmung betont sie: „Ich habe ja gesagt, ich habe auch Fehler gemacht, und diese Fehler gestehe ich auch ein.“

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FOTO: DPA Zeugin Nummer 70 im U-Ausschuss zur Silvestern­acht in Köln: NRWMiniste­rpräsident­in Hannelore Kraft (SPD).

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