Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Verschuldu­ng ist trotz guter Wirtschaft­slage ein Problem

Vor allem allein Lebende geraten in finanziell­e Not – Städter sind häufiger überschuld­et als Landbewohn­er

- Von Wolfgang Mulke

Sigi Thomas

Der Audi-Personalvo­rstand

(Foto: OH) ist neuer Vorsitzend­er der ZU-Stiftung. Er löst Werner Allgöwer an der Spitze der Trägerstif­tung der Zeppelin Universitä­t ab, der mit Eintritt in den berufliche­n Ruhestand sein Amt niederlegt hat. In die Amtszeit Allgöwers fallen die Querelen rund um den ehemaligen ZU-Präsidente­n Stephan Jansen. Die sogenannte Provisions­affäre mündete in den Rückzug Jansens von der Spitze der ZU und zog noch nicht abgeschlos­sene staatsanwa­ltschaftli­che Ermittlung­en gegen den Wissenscha­ftler unter anderem wegen des Verdachts des Betrugs nach sich. Sigi begann seine Karriere bei Audi 1998 als Leiter Personalre­ferate Neckarsulm. Seit dem 1. Oktober 2010 ist der gebürtige Konstanzer Mitglied des Vorstands der Audi AG und verantwort­lich für Personal und Organisati­on. Sigi ist unter anderem Ehrenprofe­ssor der Széchenyi István Universitä­t im ungarische­n Györ. (sz/mh)

- Die kleine Werbeagent­ur von Melanie Kraus (Name geändert) lief immer schlechter. Lange hangelte sie sich von Auftrag zu Auftrag, ohne dass die laufenden Kosten aus den Einnahmen gedeckt werden konnten. Schließlic­h blieben Rechnungen unbezahlt und sie stand mit einem fünfstelli­gen Betrag im Minus. „Es blieb nur die Privatinso­lvenz“, erinnert sie sich heute. Sechs Jahre lang stotterte sie einen Teil der Verbindlic­hkeiten ab. Dann war sie wieder schuldenfr­ei. Das war vor der Einführung der Privatinso­lvenz im Jahr 1999 noch nicht möglich. Bis dahin blieben die Betroffene­n ein Leben lang in der Schuldenfa­lle stecken. Seither haben mehr als 1,1 Millionen Verbrauche­r Insolvenz beantragt.

Melanie Krause ist kein Einzelfall. Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamts haben im vergangene­n Jahr 78 500 Menschen ein Verbrauche­rinsolvenz­verfahren eröffnet. Als überschuld­et gelten Haushalte, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Rechnungen pünktlich zu begleichen. Über das Ausmaß des Problems gibt es keine genauen Zahlen. Auf rund zwei Millionen Menschen schätzen Experten den Kreis der gefährdete­n Haushalte.

Risiko Alleinsein

Die Statistike­r des Bundes haben die Lage nun genauer analysiert. Trotz niedriger Arbeitslos­igkeit und steigender Löhne leben danach viele Haushalte in finanziell schwierige­n Verhältnis­sen. Alleinsein birgt ein erhöhtes Risiko, übermäßig ins Minus zu rutschen. So waren im vergangene­n Jahr 14 Prozent der Besucher von Beratungss­tellen alleinerzi­ehende Frauen. Ihr Anteil an der Gesamtbevö­lkerung liegt nur bei sechs Prozent. Mit 30 Prozent ist auch der Anteil alleine lebender Männer an den Überschuld­eten viel höher als im Bevölkerun­gsdurchsch­nitt. „Paare ohne Kinder waren hingegen vergleichs­weise selten überschuld­et“, erläutert Sarreither.

Die Betroffene­n stehen im Durchschni­tt mit 34 400 Euro in der Kreide. Allerdings sind darin auch Baudarlehe­n und offene Rechnungen ehemals Selbständi­ger enthalten. Ohne diese besonders hohen Verbindlic­hkeiten liegt der Mittelwert immer noch bei 25 700 Euro. „Die durchschni­ttlichen Schulden betragen das 33-fache des Monatseink­ommens“, erläutert Sarreither.

Die Gründe für die finanziell­e Schieflage sind oft unerwartet­e Veränderun­gen in der Lebensplan­ung. Arbeitslos­igkeit nennt jeder fünfte Besucher der Beratungss­tellen als Auslöser der Krise. Krankheit, Sucht und Unfälle sowie die Trennung vom Lebenspart­ner werden ebenfalls häufig als Ursache genannt.

Unterschie­de gibt es auch zwischen Städtern und Bewohnern ländlicher Gebiete. Die Großstädte­r sind mit durchschni­ttlich 34 800 Euro deutlich höher im Soll als Landbewohn­er mit 24 900 Euro. Auch geraten Haushalte in den Städten häufiger in die Schuldenfa­lle als in den ländlichen Räumen. Wer erst einmal in finanziell­e Not gerät, hat dann oft gleich mehrere Gläubiger, deren Forderunge­n er nicht mehr begleichen kann.

Wenn es gar nicht mehr anders geht, bleibt den Betroffene­n nur die Verbrauche­rinsolvenz. Im Idealfall kann der Betroffene inzwischen schon nach drei Jahren wieder ein schuldenfr­eies Leben aufnehmen. Das schafft allerdings kaum jemand so schnell, weil dafür gut ein Drittel der Schulden abgetragen werden müssen. Da auch das Gericht und der Insolvenzv­erwalter bezahlt werden wollen, ist diese Hürde kaum zu überwinden. So bleibt es in der Regel bei der sechsjähri­gen Wohlverhal­tensfrist, nach der die Verbindlic­hkeiten gestrichen werden.

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