Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der Staat als erfolgloser Unternehmer
Chinesischer Bieter für den Kauf des Regionalflughafens Hahn entpuppt sich als Phantom
(dpa) - Es war einmal ein angeblicher US-Milliardär. Pierre Dupont sollte 100 Millionen US-Dollar zum Bau eines riesigen Freizeitparks am Nürburgring beisteuern. Kurt Beck (SPD), damals Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, sprach 2009 von „ganz großem Milliardärsadel“. Doch der „Milliardärsadel“entpuppte sich als Märchen. Schecks waren ungedeckt, auf dem zugehörigen Konto war kein Geld. Die Rennstrecke ging 2012 insolvent, Beck trat zurück und gab gesundheitliche Gründe an. 2014 wurde der Ring an den Autozulieferer Capricorn verkauft. Der Zuschlag zog einen Rechtsstreit nach sich, der noch läuft – wie auch das juristische Nachspiel der gescheiterten Privatfinanzierung. Inzwischen hat eine Holding um den russischen Unternehmer Viktor Charitonin die Anteile erworben.
Vom Ring zum Hahn
Sieben Jahre nach dem geplatzten Deal mit Dupont präsentiert der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) einen chinesischen Käufer für den verschuldeten Flughafen Hahn. Der Hunsrück-Airport, rund 120 Kilometer von Frankfurt entfernt, gehört bisher zum Großteil Rheinland-Pfalz, Hessen hält knapp ein Fünftel. „Ich habe mein Herz an den Flughafen Hahn verloren“, sagt Yu Tao Chou, Generalbevollmächtigter von Shanghai Yiqian Trading (SYT), nach eigenen Angaben Arzt mit Pilotenschein und erster Cargo-Pilot, der am Flughafen Hahn für die Fluggesellschaft Yangtze River Express landete. Der Frachtflieger hatte den Hunsrück-Airport zugunsten von München verlassen – Chou will Yangtze zurückholen und das Passagiergeschäft ausbauen.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zeigt sich kurz nach Vertragsabschluss vom Käufer überzeugt. „Ich kann nur sagen, dass ich mich vergewissert habe, dass diejenigen, die die Verkaufsverhandlungen geführt haben, alles an Sicherheiten eingeholt haben, was möglich ist“, sagt sie. „Nach den Dingen, die wir haben überprüfen lassen, gab es für mich keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass das ein seriöser Partner ist.“Doch es kommen Zweifel auf. Die Firma SYT ist in China weitgehend unbekannt, die Chinesische Handelskammer in Deutschland kennt sie nicht. Bürofotos von SYT nähren weitere Zweifel, bei der Adresse eines Geldgebers der Firma residiert gar eine Autowerkstatt. Innenminister Lewentz zog am Mittwoch die Reißleine. Er stoppte das Verkaufsverfahren und bat den Landtag, noch nicht über ein Gesetz zu dem Deal zu entscheiden. Lewentz begründete den Stopp mit einem ausstehenden Geldtransfer des Käufers, der eine fehlende Genehmigung der chinesischen Regierung als Grund für die Verzögerung angegeben habe. Dreyer indes hält an dem Deal fest: „Der eingeleitete Privatisierungsprozess wird konsequent fortgesetzt – notfalls mit einem der anderen Interessenten.“Oppositionschefin Julia Klöckner (CDU) sieht in der Affäre Parallelen zwischen dem Nürburgring und dem Flughafen Hahn.
Offenes Ende
Auch wenn es sich diesmal nicht um einen angeblichen Milliardärsadel handelt: Die Regierungschefin ist gefragt, die Zweifel auszuräumen – schon ihrer Koalition zuliebe. Denn es geht auch diesmal um Geld. Bis 2024 könnten etwa noch Subventionen im zweistelligen Millionen EuroBereich an den Hahn fließen. 2014 machte Dreyer reinen Tisch und trennte sich von denen im Kabinett, die durch den Nürburgring belastet waren. Damals sagte sie: „Der Ausbau des Nürburgrings war ein Fehler. Solche Fehler wird es unter meiner Führung nicht mehr geben.“Am Donnerstag zeigt sie sich pragmatisch: „Das Gesetzgebungsverfahren wurde zunächst ausgesetzt, um die aufgetretenen offenen Fragen zu klären.“