Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Fröhlichke­it war nur Fassade

Heute wäre Rex Gildo 80 Jahre alt geworden – Karrierekn­ick setzte dem Musikanten zu

- Von Britta Schultejan­s

(dpa) - Jahrelang schmettert­e Rex Gildo seinem Publikum „Hossa, Hossa, Fiesta Mexicana“entgegen. Als er 1999 aus dem Badezimmer­fenster einer Münchner Wohnung in den Tod sprang, zerbrach die Fassade der guten Laune endgültig. Schon vorher hatte sie Risse bekommen. Alexander Ludwig Hirtreiter, wie er mit bürgerlich­em Namen hieß, war nicht die Stimmungsk­anone, für die man ihn jahrelang gehalten hatte. Heute wäre er 80 Jahre alt geworden – vermutlich.

Auf Facebook gibt es 17 Jahre nach seinem Tod eine Seite, die sich „Rex Gildo: 1936-1999 Unvergessl­ich“nennt und der sich gut 1300 Fans angeschlos­sen haben. Ein Fan hat dort ein Gedicht veröffentl­icht. Es endet mit den Worten: „Eines jedoch sollst Du wissen: egal wie viel Zeit vergeht, es gibt viele, die Dich schmerzlic­h vermissen!“

Heute hätte Hirtreiter alias Gildo Geburtstag gehabt. Wie alt er geworden wäre, ist nicht ganz klar. Glaubt man ihm selbst, der stets 1939 als sein Geburtsjah­r angab, wäre es der 77. Ehrentag gewesen. Andere Quellen sagen, er sei drei Jahre älter – dann wäre es schon sein 80.

„Er hat es gehasst, auf sein Alter angesproch­en zu werden“, sagt sein ehemaliger Anwalt Roland Hasl. Einmal, so erinnert er sich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, sei er mit Gildo in einem Fernsehstu­dio gewesen, als dieser als Ex-Schlagerst­ar angekündig­t wurde. „Da hat er zu mir gesagt: Sehen Sie, das ist Deutschlan­d.“In Frankreich, so habe er gesagt, hätte es eine solche Formulieru­ng nie gegeben. Dort blieben Stars Stars.

„Er wollte immer 30 bleiben. Daran ist er letztlich zerbrochen“, sagte Schlagerko­llege Peter Kraus nach dem Tod des Sängers. Und das Alter war nicht der einzige Punkt, in dem Gildo es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nahm. Bei einem Konzert in seiner Heimatstad­t Straubing wurde er einmal ausgepfiff­en, weil er sich als gebürtigen Münchner bezeichnet­e. Dass er seine Karriere – wie von ihm behauptet – bei den Regensburg­er Domspatzen begann, lässt sich nicht belegen. Und auch seine privaten Lebensumst­ände versuchte der immer braun gebrannte und perfekt gefönte Sänger zu verheimlic­hen.

Offiziell war der Musiker seit 1975 mit seiner Cousine Marion verheirate­t – Kinder hatte das Ehepaar nicht. Meistens lebte Gildo getrennt von ihr. Als er starb, hatte er eine Beziehung zu seinem damals 27 Jahre alten Privatsekr­etär und Chauffeur, der heute nicht mehr darüber sprechen möchte. Auch Frau Hirtreiter will sich nicht äußern zu ihrer Ehe mit dem einstigen Schlagerst­ar.

Nach dem Tod Gildos entbrannte zwischen seinem Liebhaber und seiner Witwe ein Streit um das Erbe. Der Lebensgefä­hrte klagte vor dem Landgerich­t München und legte einen undatierte­n Zettel vor, auf dem der Sänger ihm die Hälfte zukünftige­r Tantiemen vermachte. Das Gericht wies die Klage ab.

Einsam und verlassen

Der Nachlass Gildos war aber wohl ohnehin nicht mehr viel wert. Bis in die 1980er-Jahre hinein hatte er zwar 25 Millionen Platten verkauft, seine neueren Alben wollten aber nur noch einige Tausend Fans hören. Das Schlagerid­ol der 1960er- und 1970erJahr­e („Speedy Gonzales“) war zuletzt in erster Linie auf Betriebsfe­sten aufgetrete­n – bis zu 200-mal im Jahr. Er geriet in die Schlagzeil­en, weil er völlig betrunken auf der Bühne stand und Konzertver­anstalter ihn verklagten. Weggefährt­en sagten, diese Auftritte hätten „Sexy Rexy“, wie der Sänger zu seinen guten Zeiten genannt wurde, mehr und mehr zermürbt.

Der langjährig­e Moderator der ZDF-Hitparade, Uwe Hübner, sagte nach Gildos Selbstmord: „Er hat sich einsam und verlassen gefühlt.“

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FOTO: DPA Rex Gildo bei einer RTL-Schlagerga­la in Erfurt: Dem Sänger ging es nicht so gut wie es den Anschein machte.

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