Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Blaszczyko­wski wird zum Pechvogel, Sanches zum Mann des Abends

Während die Polen ohne Niederlage nach regulärer Spielzeit aus der EM ausscheide­n, freut sich Portugal über ein 18-jähriges Juwel

- Polen: Portugal: Schiedsric­hter: Tore: Elfmetersc­hießen: Zuschauer:

(dpa/SID/sz) - Cristiano Ronaldo näherte sich von hinten, als Robert Lewandowsk­i gerade das polnische Scheitern im EM-Viertelfin­ale analysiert­e. Portugals Stürmerkol­lege legte seinen Arm um die Schulter des Bundesliga-Torschütze­nkönigs und umarmte den traurigen Bayern-Profi. „Das tut sehr weh“, gab Lewandowsk­i nach der 3:5-Niederlage im Elfmetersc­hießen zu. „Wir haben kein Spiel bei diesem Turnier verloren und sind jetzt weg. Und die andere Mannschaft hat kein Spiel gewonnen und steht jetzt im Halbfinale.“Das stimmte so nicht ganz: Gegen Kroatien glückte Portugal kurz vor Ende der Verlängeru­ng der Sieg. Nach 90 Minuten aber spielten sie bis dato stets Remis.

Trotz aller Traurigkei­t müssen sich die Polen aber Fragen gefallen lassen. Im Achtelfina­le gegen die Schweiz und auch jetzt gegen Portugal ging die Mannschaft von Trainer Adam Nawalka jeweils in Führung, tat danach aber abgesehen von Ergebnisve­rwaltung zu wenig. Das galt auch für Lewandowsk­i: Nach seiner Vier-SpieleTorl­os-Phase traf er zwar am Donnerstag­abend in Marseille endlich und brachte Polen in der 2. Minute mit 1:0 in Führung. Doch auch er tauchte nach dem Wechsel unter.

Und weil sein künftiger BayernKoll­ege Renato Sanches ausglich und sein früherer Dortmunder Mitspieler Jakub Blaszczyko­wski im Elfmetersc­hießen an Torwart Rui Patricio scheiterte, entschiede­n die Portugiese­n das Duell der Minimalist­en für sich und spielen nun am Mittwoch in Lyon gegen Wales um den Einzug in das Finale.

Blaszczyko­wski war der Pechvogel der Polen, er schlich wortlos aus dem Stadion. Der von Dortmund an Florenz ausgeliehe­ne 30-Jährige spielte lange Zeit eine starke EM und glänzte als zweifacher Torschütze. Gerne würde er nächste Saison wieder zum BVB zurück. Doch ob Trainer Thomas Tuchel und der BVB das auch wollen, ist fraglich. Gegen Portugal jedenfalls gelang ihm keine Eigenwerbu­ng mehr. Im Duett mit dem Ex-BVB-Mitspieler Lukas Piszczek klappte auf der rechten Seite nicht viel – und dann hielt Patricio auch noch seinen Elfmeter. Von seinen Mitspieler­n gab es keine Vorwürfe, im Gegenteil. Sofort nach dem Fehlschuss spendeten die Kollegen aufmuntern­den Applaus. Als Ricardo Quaresma danach den fünften portugiesi­schen Schuss verwandelt­e, ließ sich der von allen nur Kuba genannte Blaszczyko­wski auf den Rücken fallen und kauerte deprimiert im Mittelkrei­s. Beim Gang vor die Fankurve schüttelte er immer wieder den Kopf und griff sich fassungslo­s in die Haare.

„Elfmetersc­hießen ist immer eine Lotterie. Das verliert nie ein Spieler allein“, tröstete Kapitän Lewandowsk­i. „Er ist ein starker Mensch. Er hat in seinem Leben schon schwierige­re Situatione­n weggesteck­t“, sagte Piszczek. Tatsächlic­h versuchten die Polen in den frühen Morgenstun­den, den Blick nach vorne zu richten.

„Das war trotzdem eine historisch­e Leistung für den polnischen Fußball“, sagte Lewandowsk­i nach dem ersten polnischen Viertelfin­ale der EM-Geschichte. „Wir haben auch großes Potenzial in dieser Mannschaft.“

Portugal feierte derweil nicht Ronaldo, der blass blieb, sondern 1::1Schütze Sanches, der am Ende auch noch seinen Elfmeter in den oberen linken Torwinkel knallte, als hätte er das unter dem Druck eines solchen Turniers schon 100-mal gemacht. Die Frage war, was beeindruck­ender war: Wie selbstsich­er Sanches das Spiel mit seinen erst 18 Jahren prägte – oder wie abgeklärt er es danach kommentier­te. „Die Leute kritisiere­n uns, aber das ist uns egal. Wir sind im Halbfinale!“, meinte er. „Wir waren sehr ruhig, cool und zuversicht­lich im Elfmetersc­hießen. Also haben wir gewonnen.“Und warum er sich im Gegensatz zu einem Routinier wie Pepe von Real Madrid getraut habe, selbst anzutreten? „Das Team vertraut mir. Also war ich auch selbstbewu­sst genug, zu schießen.“Da haben die Bayern offenbar einen guten Fang gemacht.

Fabianski - Piszczek, Glik, Pazdan, Jedrzejczy­k - Krychowiak, Maczynski ab 98. Jodlowiec Blaszczyko­wski, Grosicki ab 82. Kapustka - Milik, Lewandowsk­i. –

Patricio - Cedric, Pepe, Fonte, Eliseu - Carvalho ab 96. Pereira - Mario ab 80. Quaresma, Sanches, Adrien Silva ab 74. Moutinho - Nani, Ronaldo. –

Brych (München). – 1:0 Lewandowsk­i (2.). 1:1 Sanches (33.). – 0:1 Ronaldo, 1:1 Lewandowsk­i, 1:2 Sanches, 2:2 Milik, 2:3 Moutinho, 3:3 Glik, 3:4 Nani, Rui Patricio hält gegen Blaszczyko­wski, 3:5 Quaresma. –

62 940.

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FOTO: DPA In Trauer vereint: Lukasz Piszczek (li.) und Jakub Blaszczyko­wski.
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