Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Frankreich oder: Kein Recht, zu verlieren

Der EM-Gastgeber steht gegen Island unter dem Druck des Gewinnenmü­ssens und will seine Landsleute nicht zittern lassen

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(dpa/ SID/sz) - Alle Franzosen wissen: Der Druck lastet am Sonntag (21 Uhr/ ZDF) im Stade de France von SaintDenis allein auf ihnen, um ein zigfaches schwerer noch als bei den bisherigen Auftritten. „Ich habe keine Lust, wieder im Viertelfin­ale auszuschei­den“, sagt Routinier Patrice Evra. Auf ein mögliches Elfmetersc­hießen bereitet sich die Équipe tricolore aber nicht vor. „Wir gehen davon aus, dass wir uns vorher durchsetze­n“, meinte Abwehrspie­ler Bacary Sagna.

Vor zwei Jahren hieß der Gegner bei der WM in Brasilien Deutschlan­d – und wurde später Weltmeiste­r. Nun ist es Island, das 332 500-Seelen-Land. Frankreich habe einfach nicht das Recht, gegen Island zu verlieren, kommentier­te bereits die „L'Equipe“: „Der Grad des Scheiterns verschiebt sich automatisc­h mit der Reputation des Gegners.“England musste das im Achtelfina­le erfahren. Trainer Roy Hodgson trat 19 Minuten nach der 1:2Niederlag­e zurück.

Seitdem herrscht auch in der Grande Nation eine gewisse Furcht vor diesen Isländern. „Schreit nicht zu schnell Sieg! Gegen Island im Viertelfin­ale zu spielen, wird kein Spaß für die französisc­he Mannschaft. Alles andere!“, meint „France Football“.

Denn es treffen Fußball-Welten aufeinande­r. Selbst wenn die französisc­he Mannschaft immer wieder ihr Kollektiv feiert, entschiede­n wurden die Spiele durch die Genialität einzelner. Bezeichnen­d: Die bisherigen sechs Tore teilen sich drei Spieler auf: Antoine Griezmann (3), Dimitri Payet (2) und Olivier Giroud (1). Die sechs Treffer der Isländer teilen sich sechs Spieler auf. Hallgrímss­on und sein Kollege Lars Lagerbäck schickten zudem in den bisherigen vier Partien immer dieselbe Startforma­tion aufs Feld. Frankreich­s Trainer Didier Deschamps wechselte Personal und System, von Griezmann über Bayerns Kingsley Coman bis Paul Pogba. „Die Franzosen spielen mit höherem Tempo, sie haben sehr gute individuel­le Spieler“, warnte Jon Bödvarsson vom 1. FC Kaiserslau­tern vor einer schwierige­ren Aufgabe als gegen England.

Frankreich­s größte Malaise bisher: erhebliche Anlaufschw­ierigkeite­n, kein Tor in der ersten Hälfte. „Eines Tages klappt das nicht mehr“, prophezeit Evra mit Blick auf die Last-Minute-Erfolge der Franzosen. „Wir müssen uns verbessern am Anfang der Spiele, ansonsten ist das nicht gut fürs Herz der Franzosen“, meint auch Griezmann: „Wir haben ein Team, dass bis zum Schluss dabei sein kann, aber wir müssen das auch auf dem Platz zeigen.“

Deschamps ist gezwungen, erstmals seine Viererabwe­hrkette zu verändern. Für den gesperrten Innenverte­idiger Adil Rami ist der 22 Jahre alte Samuel Umtiti eine von zwei Alternativ­en – er hat noch kein Länderspie­l absolviert. Im Mittelfeld ist N'Golo Kanté gelbgesper­rt ebenfalls nicht dabei. Offen ist, ob Deschamps im gewohnten 4-3-3 spielen lässt – dann würde Yohan Cabaye für Kanté ins Team rücken und Coman zunächst auf der Bank sitzen. Oder im 4-2-3-1, dann mit dem 20 Jahre alten Bayern-Spieler.

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FOTO: AFP Auf ihm ruhen die Hoffnungen der Franzosen: Antoine Griezmann.

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