Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der lange Atem der Demokratieschützer
(dpa) - Polens Regierung will die Arbeit von Journalisten im Parlament beschränken. Aus Protest blockierten Tausende Demonstranten bis in die Nacht das Warschauer Parlament. Bis drei Uhr am frühen Samstag konnten selbst die Regierungschefin Beata Szydlo und der Chef der Partei Recht und Gerechtigkeit PiS, Jaroslaw Kaczynski, das polnische Parlament nicht verlassen. Schließlich befreiten sie Polizisten, von denen Hunderte im Einsatz waren. Die Demonstranten dürfen ihre Aktion als Erfolg feiern.
Auslöser des Protests waren Pläne, die Arbeit von Journalisten im Sejm, Polens Parlament, zu ändern. Nach Willen der Nationalkonservativen sollen Reporter ab 2017 aus einem gesonderten Medienzentrum berichten. Nur zwei festen Korrespondenten pro Redaktion, die abwechselnd arbeiten sollen, werde Zugang zum Parlament gewährt. Bild- oder Tonaufnahmen dürfen sie dort aber keine machen. Damit würden bessere Arbeitsbedingungen für Journalisten und Parlamentarier geschaffen, argumentieren die Nationalkonservativen.
Kritiker widersprechen: „Der einzige Effekt ist, dass die Politiker den Journalisten erfolgreich ausweichen können, nur die Fragen beantwortet werden, die für sie bequem sind und das auch nur dann, wenn sie Lust darauf haben“sagt Jaroslaw Kurski, stellvertretender Chefredakteur der Zeitung „Gazeta Wyborcza“. Die Organisation Reporter ohne Grenzen rügt die PiS-Pläne als verfassungswidrige Beschneidung von Rechten der Parlamentskorrespondenten.
Die Regierenden versuchen dagegen den Spieß umzudrehen: In einer TV-Ansprache verurteilte Szydlo die Proteste. „Das hat nichts mit den Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaats oder europäischen Demokratie-Standards zu tun“, mahnte sie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Dennoch könnte der Widerstand ihrer Kritiker die PiS zu Zugeständnissen zwingen. Senatsmarschall Stanislaw Karczewski kündigte bereits schnelle Gespräche mit Medienvertretern an, um nach Lösungen zu suchen: „Es war nie die Absicht, Journalisten den Zugang zu wichtigen politischen Ereignissen in Sejm und Senat zu verwehren.“
Für die Demonstranten könnte es ein Erfolg sein. Bisher war die PiS kaum von ihrem Kurs, den sie den „guten Wandel“nennt und mit dem sie in die rechtsstaatliche Ordnung eingreift, abzubringen. Doch Polens selbst ernannte Demokratieschützer zeigen Ausdauer. Seit einem Jahr macht das „Komitee zum Schutz der Demokratie“(KOD) gegen umstrittene Handlungen der Regierung mobil. Spontan organisierte KOD den Protest vor dem Sejm. „Wir hören nicht auf zu protestieren, bis sie aufgeben“, sagt KOD-Leiter Mateusz Kijowski.