Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Keine Hinweispfl­icht für günstige Konditione­n

Unternehme­n müssen Kunden nicht über ihre besten Angebote informiere­n – Streitfall bei der Kreisspark­asse Biberach

- Von Wolfgang Mulke

- Seit zehn Jahren geht der Oberschwab­e Wilhelm R. ins Internet, wenn Bankgeschä­fte anstehen. Damals hatte die Kreisspark­asse Biberach ihm den Online-Zugang freigescha­ltet. „Seit dieser Zeit betreibe ich das Homebankin­g“, sagt er. Die sechs Euro Gebühren monatlich für die Führung seines Girokontos bezahlte der Leser „der Schwäbisch­en Zeitung“regelmäßig weiter. Bis er in der Zeitung einen Artikel über die Kosten von Girokonten las. Da stellte sich heraus, dass die Kreisspark­asse für ein reines Onlinekont­enmodell viel weniger verlangt. „Das kostet nur die Hälfte“, erläutert er, „davon ist nie die Sprache gewesen.“Davon habe ihm niemand etwas erzählt.

Das ärgert Wilhelm R. bis heute. Immerhin hat er im Lauf der Zeit 360 Euro mehr bezahlt als nötig gewesen wären, da er alle seine Bankgeschä­fte online abgewickel­t habe. Die zu viel gezahlten Gebühren verlangte der aus Warthausen (Kreis Biberach) Stammende von der Kreisspark­asse zurück. Doch die weigerte sich. Eine Verpflicht­ung, über alle angebotene­n Produkte über alle Vertriebsw­ege zu informiere­n, bestehe nicht, schrieb ihm das Institut, „den geforderte­n Betrag können wir daher nicht erstatten.“

Auch auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“blieb die Sparkasse hart. Man sei davon ausgegange­n, dass Wilhelm R. das Onlinebank­ing nur zusätzlich nutzen will. „Anders hat er sich nie geäußert“, versichert Kerstin Blaser, die das Beschwerde­management des Instituts leitet. Sonst hätte man ihm das Internetko­nto auch angeboten. Außerdem verweist sie auf viel Entgegenko­mmen und Zeitaufwan­d zur Unterstütz­ung des Kunden. Wilhelm R. überzeugt das nicht. „Ich finde das sehr kundenunfr­eundlich“, sagt er.

Rein rechtlich ist kein Unternehme­n dazu gezwungen, seine Kunden auf günstigere Angebote hinzuweise­n. Das sieht auch die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin) so. „Sicher wären entspreche­nde Hinweise wünschensw­ert“, antwortet die Behörde auf die Beschwerde von Wilhelm R., „eine Verpflicht­ung dazu gibt es nicht.“Die Bafin sieht kein Fehlverhal­ten der Kreisspark­asse.

Auch wenn es oft nur um vergleichs­weise kleine Beträge geht, ärgern sich viele Verbrauche­r in verschiede­nen Branchen über fehlende Informatio­nen zu günstigen Angeboten. Von sich aus werden Unternehme­n nur selten im Sinne ihrer Kunden tätig. Anders läge der Fall bei der Sparkasse, wenn Wilhelm R. konkret nach einem reinen Internetko­nto ohne zusätzlich­en Service gefragt hätte. Wäre die Lösung verschwieg­en worden, müsste das Institut zu viel gezahlte Gebühren ersetzen. „Grundsätzl­ich könnte der Verbrauche­r hier die Umstellung des Vertrages verlangen und sogar Schadenser­satz fordern“, erläutert Dunja Richter von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g.

Allerdings sei der Nachweis in der Regel kaum zu leisten, weiß die Juristin. Häufig fallen den Verbrauche­rschützern Telefonfir­men auf, die Kunden zu teure Tarife andrehen. Mitunter merken diese erst nach Abschluss eines Vertrages, dass ihre Bedürfniss­e beim gleichen Anbieter günstiger gedeckt werden könnten. Richter rät daher, vor der Unterschri­ft mit genauen Angaben beim Anbieter nachzufrag­en. Wenn der dann empfohlene Tarif darüber hinaus geht, obwohl ein anderer preisgünst­iger die Anforderun­gen erfüllen würde, ist ein Wechsel des Vertrages möglich. Man muss aber nachweisen, dass man genau diese einfache Variante wollte, sich dies vom Verkäufer zum Beispiel schriftlic­h bestätigen lassen.

Hohe Zinsen – nicht für Altkunden

Bankkunden ärgern sich häufig auch über die Werbung ihres Instituts, vor allem wenn die Institute Neukunden eine gute Verzinsung verspreche­n, die sie ihrem treuen Stamm an Sparern nicht gewähren wollen. Auf eine Gleichbeha­ndlung, also ein ebenso gutes Angebot für die Altkunden, besteht aber kein Anspruch. „Das ist ärgerlich und unvernünft­ig“, kritisiert, Hermann Tenhagen, Chefredakt­eur des Internetve­rbraucherp­ortals Finanztip.de, diese Praxis. Die Unternehme­n würden zunehmend auch dazu übergehen, Altkunden gar nicht mehr anzuschrei­ben, sondern nur noch per Lastschrif­t die Gebühren für die Kontoführu­ng abzubuchen. Denn bei einem Brief falle den Verbrauche­rn eher auf, dass sie womöglich zu viel bezahlen. „Für den Kunden bedeutet das, dass sie regelmäßig die Konditione­n vergleiche­n müssen“, sagt Tenhagen. Gebe es anderswo bessere Konditione­n, könne man seine Bank per Mail um eine Anpassung ersuchen. Hilft das nicht, bleibt der Wechsel des Instituts.

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FOTO: PB Kunde vor seinem Banking-Portal: Aufsichtsb­ehörde Bafin sieht kein Fehlverhal­ten bei der Sparkasse Biberach.

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