Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Anne Frank wurde vielleicht doch nicht verraten
(dpa) - Das jüdische Mädchen Anne Frank, das im August 1944 nach mehr als zwei Jahren in einem Versteck in Amsterdam vom deutschen „Sicherheitsdienst“(SD) aufgespürt wurde, wurde möglicherweise nicht wie bisher angenommen an die deutschen Besatzer verraten. In einem am Samstag von der AnneFrank-Stiftung veröffentlichten Forschungsbericht heißt es, es sei auch denkbar, dass Anne Frank gemeinsam mit sieben anderen Untergetauchten bei einer Suche der deutschen Behörden nach illegalen Arbeitern und Herstellern gefälschter Essensmarken dem SD in die Hände fielen. „Unsere Untersuchung widerlegt einen möglichen Verrat nicht, zeigt aber, dass auch andere Möglichkeiten untersucht werden sollten“, sagte der Stiftungsdirektor Ronald Leopold.
Anne Frank habe in ihrem Tagebuch im März 1944 die Festnahme von zwei Männern wegen gefälschter Lebensmittelkarten, von denen auch die Untergetauchten profitierten, erwähnt. Beide arbeiteten in einer Firma, die ebenfalls in der Prinsengracht 263 ansässig war. Es sei durchaus möglich, dass die Hausdurchsuchung vom 4. August 1944 damit zu tun gehabt habe. Zudem seien die SD-Leute etwa zwei Stunden im Haus gewesen, mehrere Personen hätten während dieser Zeit das Haus betreten und verlassen können: „Wenn die Beamten gekommen wären, um Untergetauchte zu verhaften, wäre das wohl kaum möglich gewesen“, heißt es in dem Bericht der Stiftung. Jedenfalls sei „das letzte Wort über diesen schicksalhaften Sommertag 1944 noch nicht gesprochen“.