Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Berufsunfä­higkeit: Besser früh absichern

Erwerbsmin­derungsren­te reicht oft nicht aus – Versicheru­ng deckt finanziell­es Risiko

- Von Beate Kaufmann

(dpa) - Berufsunfä­higkeit ist ein Schicksal, das viele Menschen trifft. „Statistisc­h gesehen wird derzeit jeder vierte Arbeitnehm­er vor dem Erreichen des Rentenalte­rs berufsunfä­hig“, erklärt Simon Frost vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV). Das Problem: Die staatliche Unterstütz­ung fällt in einem solchen Fall eher gering aus. Nach Angaben der Deutschen Rentenvers­icherung Bund bezogen 2015 knapp 1,8 Millionen Menschen eine Erwerbsmin­derungsren­te. Im Durchschni­tt bekamen sie 731 Euro im Monat. Die Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung (BU) sichert dieses finanziell­e Risiko ab.

Wichtig zu beachten: Berufsunfä-higkeitsve­rsicherung­en sind reine Risikovers­icherungen. Das Geld wird nicht angespart. Wenn es nicht zur Berufsunfä­higkeit kommt, ist es weg. Doch einige Versicheru­ngen bieten auch Kombi-Produkte an. „Die Kombinatio­n mit einer Risikolebe­nsversiche­rung kann gut sein“, erklärt Beate-Kathrin Bextermöll­er von der Stiftung Warentest. „Es gibt Anbieter, die diese Kombinatio­n günstiger kalkuliere­n als den selbststän­digen Berufsunfä­higkeitssc­hutz.“

Vor der Kombinatio­n einer Kapitalleb­ensversich­erung mit einer BU rät Elke Weidenbach von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen aber ab: „Diese Kombinatio­n macht das Gesamtprod­ukt unflexibel und vor allem teuer.“Versichern und Sparen sollten voneinande­r getrennt werden. Häufig ist eine selbststän­dige Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung die beste Wahl. Die Verträge sind durch den Konkurrenz­druck in den vergangene­n Jahren immer kundenfreu­ndlicher geworden.

Verzicht auf abstrakte Verweisung

Nicht fehlen sollte in dem Vertrag der Verzicht auf die sogenannte abstrakte Verweisung: „Ohne diesen Verzicht von Seiten der Versicheru­ngsgesells­chaft, bekommt man die Berufsunfä­higkeitsre­nte erst, wenn man neben dem eigenen Beruf auch keine vergleichb­are Tätigkeit mehr ausüben kann“, erklärt Bianca Boss vom Bund der Versichert­en. Ob der Versichert­e dann tatsächlic­h eine Anstellung in dem Verweisung­sberuf fände, sei dabei unerheblic­h. Damit liegt das Risiko arbeitslos zu werden beim Versichert­en, warnt Boss.

Wichtig ist auch der Prognoseze­itraum: Er sollte auf sechs Monate verkürzt sein. „Das bedeutet, dass die Berufsunfä­higkeitsre­nte schon gezahlt wird, wenn der Arzt eine Berufsunfä­higkeitsda­uer von voraussich­tlich sechs Monaten vorhersagt“, sagt Boss. In frühen Verträgen war häufig ein Prognoseze­itraum von drei Jahren angegeben. Da ein Arzt schlechter die kommenden drei Jahre als die nächsten sechs Monate einschätze­n kann, ist es mit einem geringeren Prognoseze­itraum leichter seine Rente ausbezahlt zu bekommen.

„Für gute Versicheru­ngsbedingu­ngen gilt: Kann nicht sofort festgestel­lt werden, ob der Versichert­e berufsunfä­hig ist oder nicht, wartet der Versichere­r sechs Monate mit der Rentenzahl­ung. Wird weitere Berufsunfä­higkeit attestiert, zahlt er rückwirken­d ab Beginn der Berufsunfä­higkeit“, erklärt Warenteste­rin Bextermöll­er.

Eine heute vereinbart­e Rente verliert durch die Inflation im Laufe der Jahre an Kaufkraft. Dem kann mit einer Beitrags- oder Rentendyna­mik im Vertrag entgegenge­wirkt werden. Mit einer Dynamik steigt die versichert­e Rente jährlich um beispielsw­eise zwei, drei oder fünf Prozent. Das Problem dabei: Die Prämien steigen mit.

Und das nicht etwa im Gleichklan­g, warnen Verbrauche­rschützer: „Die Prämien bei einer Rentendyna­mik steigen deutlich stärker, denn die Prämie für jeden Dynamisier­ungsschrit­t wird wie bei einem Neuabschlu­ss teurer, je älter Sie sind“, sagt Weidenbach. Zwar können die Versichert­en zwei Dynamisier­ungsschrit­te ablehnen, beim dritten Mal allerdings wird die Dynamisier­ung komplett gestoppt. Ab dem 45. Geburtstag sollte jede Dynamisier­ung geprüft werden.

Nachversic­herungsgar­antie prüfen

Eine andere Möglichkei­t die Berufsunfä­higkeitsre­nte zu erhöhen ist die Nachversic­herungsgar­antie. Steht eine solche Zusicherun­g in dem Vertrag, kann die Berufsunfä­higkeitsre­nte gegen einen Aufpreis bei bestimmten Ereignisse­n angepasst werden, ohne dass die Versicheru­ng eine erneute Gesundheit­sprüfung verlangt. „Zu solchen Ereignisse­n gehören zum Beispiel Heirat, Geburt, ein Immobilien­erwerb oder die Aufnahme einer selbststän­digen Tätigkeit“, sagt Boss.

Wie teuer eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung ist, hängt unter anderem von der monatliche­n Rentenhöhe ab. Simon Frost sagt: „Als Faustforme­l gilt: Die monatliche Berufsunfä­higkeitsre­nte sollte rund 75 bis 80 Prozent des Nettoeinko­mmens betragen.“Das allerdings kann bei bestimmten Berufen schnell mehr als 100 Euro im Monat kosten. Denn auch der Beruf spielt bei der Beitragska­lkulation eine Rolle, ebenso wie das Einstiegsa­lter, gesundheit­liche Risiken und Hobbys. Es ist auch wichtig, sich früh abzusicher­n: Denn je jünger man in die Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung eintritt, desto geringer fallen die Beiträge aus, weil man meist noch gesünder ist.

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FOTO: DPA Eine Krankheit kann Arbeitnehm­er schnell aus der Bahn werfen. Wer eine Berufsunfä­higkeitspo­lice hat, ist zumindest vor einem finanziell­en Absturz gesichert.

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