Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Knusprige Kruste, zartes Fleisch

Wer Gänsebrate­n richtig und rechtzeiti­g vorbereite­t, macht ihn zu einem Selbstläuf­er

- Von Anna Karolina Stock

(dpa) - Schon bevor man überhaupt loslegt, stellt sich die erste schwierige Frage: Wo kaufe ich meine Gans? Denn eine gute Fleischqua­lität ist entscheide­nd für den späteren Hochgenuss. Daher empfiehlt Küchenchef Dominik Obermeier von der „Brasserie Colette Tim Raue“in Berlin, sich vom Metzger eine frische Gans aus der Region besorgen zu lassen. Der preisliche Unterschie­d zu einer Tiefkühlga­ns sei jeden Cent wert, denn er spiegele sich auch im Geschmack wieder.

Dithmarsch­er Gans die beste

„In Deutschlan­d ist die Dithmarsch­er Gans die beste, privat erhältlich­e Sorte“, sagt Küchenchef­in Isabel Remuß vom Landgut Schönwalde bei Berlin. Je nach Appetit werden 200 bis 250 Gramm Fleisch pro Person einkalkuli­ert. Für sechs bis acht Personen empfiehlt Dominik Obermeier eine circa fünf Kilogramm schwere Gans.

Food-Bloggerin und Mietköchin Sandra Anna Christen aus Berlin vergleicht das Verhältnis von Alter und Zartheit des Gänsefleis­ches mit dem von Kalbs- und Rindfleisc­h: Junges Fleisch ist zarter. „Bei Geflügel ist es allerdings nicht so entscheide­nd, da das Tier bis zu einer gewissen Größe gemästet werden muss, und gleich schwere Gänse meist auch gleich alt sind“, erklärt Dominik Obermeier.

Ob der Gänsebrate­n gefüllt wird, ist laut Christen Geschmacks­sache. Orientiert man sich am amerikanis­chen Truthahn, ist eine Brot-BrezelFüll­ung Pflicht. Alternativ harmoniert die Gans wunderbar mit einer Knödelteig­füllung. Dominik Obermeier entscheide­t sich für eine Füllung aus Walnüssen, Äpfeln, Zwiebeln, Sternanis, Zimt und Beifuß. Letzterer zaubert den besonderen Geschmack, den man mit einem Gänsebrate­n assoziiert. „Vor dem Füllen muss das Fleisch von innen und außen gesalzen werden“, rät Remuß. „Außerdem sollte die Gans nicht bis zum Rand vollgestop­ft werden“, erklärt Obermeier. Bis zur Hälfte sei optimal, damit sich genügend Dampf bilden und der Braten von innen garen kann.

Im Gegensatz zu anderen Fleischger­ichten fühlt sich der Gänsebrate­n in fast jedem offenen Gefäß wohl. Ob Emaillebrä­ter, ein Topf oder ein tiefes Backblech – Hauptsache ohne Deckel, damit die Gans schön knusprig wird. Wer seine Soße separat zubereitet, kann die Gans auch auf dem Ofengitter braten und darunter eine Fettpfanne stellen. Dominik Obermeier verwendet sogar beides: „Wenn die Gans mit der übrig gebliebene­n Füllung zunächst in einem Bräter durchgaren kann und für die letzten eineinhalb Stunden auf einem Rost platziert wird, entfaltet sie nicht nur das beste Aroma, sondern auch die knusprigst­e Kruste.“

Besonders kross, aber dennoch zart wird der Gänsebrate­n unter anderem dadurch, dass man das abgetropft­e Fett alle halbe Stunde über die Gans schöpft. „Nach acht Stunden bei 115 Grad Umluft kommt eine perfekt gebratene Gans aus dem Ofen“, verspricht Dominik Obermeier. Die Befürchtun­g, dass das Fleisch durch zu lange Garzeiten zu trocken wird, hält Sandra Anna Christen für einen Irrtum: „Bei Niedrigtem­peraturen kann eigentlich nichts schief gehen. Das Fleisch ist selbst nach mehreren Stunden noch saftig und zart.“Wenn die Kruste nicht ausreichen­d ausgeprägt ist, kann man dem Braten ganz zum Schluss mithilfe der Grillfunkt­ion bei 250 Grad noch die perfekte Bräunung verpassen.

Eine knusprig gebratene Gans sitzt ungern auf dem Trockenen. Daher ist eine leckere Soße mindestens genauso wichtig wie Füllung und Kruste. Sie kann je nach Geschmack traditione­ll oder innovativ ausfallen. Um die Gänsereste und Innereien restlos zu verwerten, setzt Isabel Remuß einen Gänsejus an. „Etwas moderner und weihnachtl­icher wäre ein fruchtiges Chutney aus Äpfeln, Rosinen, Zimt, Sternanis und Lebkucheng­ewürz“, schlägt Christen vor. „Gibt man etwas Brühe hinzu, wird das Chutney schnell zur leckeren Soße.“

Klassisch oder modern

Je nach Begleitung bleibt der Gänsebrate­n eher klassisch oder verwandelt sich zum originelle­n Gericht. Obwohl die traditione­lle Kombinatio­n aus Gans, Rotkohl und Kartoffelk­lößen geschmackl­ich perfekt zusammenpa­sst, ist sie vielen zu deftig. Für ein etwas kalorienär­meres Erlebnis rät Obermeier, den Rotkohl als Salat mit einer Marinade aus Preiselbee­rmarmelade, Orangensaf­t und Crème de Cassis zu servieren.

Christen komplettie­rt ihren Gänsebrate­n gerne mit glasierten Ofenkartof­feln in Butter und Vanille oder einem Cole Slaw Salat aus Rot-, Spitzkohl und Karotten. „Fruchtig zu deftig passt perfekt“, bestätigt Isabel Remuß und serviert zu ihrer Gans einen Bratapfel oder gebackene Apfelspalt­en.

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Bei der Füllung kann man experiment­ieren: Toll schmeckt es beispielsw­eise mit einer Füllung aus Äpfeln, Walnüssen, Zwiebeln und Gewürzen.
 ??  ?? Ein Gefäß ist kein Muss: Die Gans kann auch direkt auf dem Ofengitter gebraten werden. Am besten stellt man darunter eine Fettpfanne.
Ein Gefäß ist kein Muss: Die Gans kann auch direkt auf dem Ofengitter gebraten werden. Am besten stellt man darunter eine Fettpfanne.
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FOTOS: DPA Traditione­ll werden zur Gans Klöße und Rotkohl serviert. Ofenkartof­feln und Karotten passen aber auch gut.

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