Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Neureuther wird ungeduldig
Das Alpin-Ass wird Sechster im Riesenslalom und vermisst die Aggressivität
(dpa/sz) - Eine Woche vor Weihnachten war Felix Neureuther noch überhaupt nicht in besinnlicher Stimmung. Sein sechster Platz im Weltcup-Riesenslalom von Alta Badia, ergänzt um Rang neun von Stefan Luitz, war für den besten deutschen Skirennfahrer persönlich und aus Team-Perspektive ein Ja-Aber-Resultat. „Ich weiß halt, was möglich wäre. Mit dem Ergebnis freunde ich mich schon an. Aber nicht mit der Art und Weise, wie ich Ski fahre“, sagte der 32Jährige am Sonntag.
Der ganzen Technik-Mannschaft gab Neureuther eine klare Aufgabe mit in die Feiertage: „Zwischen Weihnachten und Neujahr haben wir an der Aggressivität zu arbeiten, damit wir einen Sprung nach vorne machen.“
Gesamtweltcupchampion Marcel Hirscher als überlegener Sieger 0,71 Sekunden Vorsprung vor dem Franzosen Mathieu Faivre und 1,10 Sekunden auf Florian Eisath aus Südtirol war auf der schwierigen „Gran Risa“-Piste außer Reichweite. Der Österreicher bleibt trotz mehr als zwei Sekunden Vorsprung auf Neureuther aber der Maßstab für den deutschen Weltcupsieg-Rekordhalter. „Ich will mich nicht mit vierten und sechsten Plätzen zufriedengeben. Sonst wäre ich falsch hier. Ich will da oben hin, und da muss man einfach Vollgas geben.“
Nach Jahren mit anhaltenden Rückenbeschwerden und anderen Verletzungen zahlt Neureuther derzeit den Preis. „Wenn man im Training sehr, sehr lange Zeit nicht an sein Limit gehen konnte aufgrund des Rückens, dann ist das sehr schwer umzusetzen. Ich muss erst wieder lernen, die Aggressivität da mit reinzubringen“, berichtete der Routinier. „Das gelingt mir im Training zum Teil schon sehr gut, aber es ist schwierig, das im Weltcup umzusetzen.“
Ähnliches beobachtet Neureuther bei seinen jüngeren Kollegen Luitz oder auch Linus Straßer und Dominik Schwaiger, die den zweiten Lauf verpassten. „Die fahren im Training zum Teil wirklich schon sehr, sehr gut. Das Potenzial ist da. Aber sie müssen halt langsam auch im Rennen mal abliefern“, forderte er. „Es ist schön, wenn man sich ein bisschen, in Anführungszeichen, im Schatten bewegen kann“, sagte er mit Blick auf den Fokus, der seit Jahren auf ihn und den derzeit verletzten Fritz Dopfer gerichtet ist. „Aber die nächsten Schritte müssen einfach auch gemacht werden.“
Luitz wehrte sich nicht gegen die Kritik seines Kumpels. „Ich weiß, was ich draufhabe. Und das ist mehr als das, was ich hier gezeigt habe. Da gilt es weiter zu arbeiten“, sagte er. Als Sechster des ersten Laufs fiel er im zweiten wie in Val d'Isère letzte Woche etwas zurück. „Es ist schon okay, aber nicht das, was ich kann. Deswegen ärgert es mich ein bisschen.“