Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mach’s noch einmal, Vital!

Der VfB Friedrichs­hafen bringt Meister Berlin beim erneuten 0:3 zum Verzweifel­n

- Von Bernd Hüttenhofe­r

- Vital Heynen machte einen kleinen Ausflug zum Pressetisc­h, um sich abzulenken und machte Smalltalk mit zwei Berliner Journalist­en. „Wenn Berlin 3:2 gewinnt, dann zahl’ ich euch nachher ein Bier“, meinte der kontaktfre­udige Belgier. Ihm war langweilig, die Stunde vor dem Spiel sei die schlimmste für einen Trainer, klagte Heynen, während sich seine Mannschaft für den Schlagabta­usch mit dem Meister warmmachte. Dem Mann konnte geholfen werden, umgehend: In den folgenden knapp 100 Minuten war es Heynen keine einzige Sekunde langweilig, und am Ende stand der 46-Jährige schon wieder als großer Triumphato­r von Berlin da, wie schon vor zwei Monaten beim Supercup. 32:30, 27:25, 29:27 siegte seine Mannschaft – in einem unglaublic­hen Spiel, nach sage und schreibe elf nicht genutzten Satzbällen der Berliner. Mit dem 3:0-Durchmarsc­h des VfB im Supercup hatte diese letzte Partie der Bundesliga-Hinrunde nichts gemein.

„Wir haben wieder 3:0 gewonnen, aber das war natürlich nicht das Gleiche diesmal“, sagte Heynen und bemühte einen Fußballver­gleich zur Veranschau­lichung. „Das war wie ein 0:0 – und wir haben im Elfmetersc­hießen drei Bälle reingescho­ssen, die Berliner keinen.“Am Ende sei es Glück gewesen. „Es hätte auch 3:0 für Berlin ausgehen können – und dann wären wir auch zufrieden gewesen. Beide Mannschaft­en haben gezeigt, dass sie auf sehr hohem Niveau Volleyball spielen können.“

Den Bundesliga-Verantwort­lichen kommt das Ergebnis gelegen, acht Punkte zwischen den beiden Teams wären der Spannung doch stark abträglich gewesen. Dabei hatte es anfangs nicht gut ausgesehen für Friedrichs­hafen. Die Recycling Volleys zogen schnell auf 8:4 davon, alles schien auf einen klaren Satzgewinn der Berliner „Mannschaft des Jahres“hinauszula­ufen. Heynen hatte alle Hände voll zu tun, seine zwei Auszeiten früh verbraucht (bei 6:4 und 13:8). Bei der zweiten technische­n Auszeit (16:11) war nicht zu übersehen, dass er mächtig sauer war auf sein Team. „Katastroph­al“nannte Kapitän Simon Tischer den Start.

Heynen wechselte seine Außenangre­ifer. Zuerst David Sossenheim­er, dann auch Athanasios Protopsalt­is, beide durften danach nur noch sporadisch aufs Feld. Für sie kamen Tomas Rousseaus und Armin Mustedanov­ic. Als aus dem 20:13 ein 20:15 geworden war, machte sich erstmals der Druck bemerkbar, unter dem die Mannschaft von Roberto Serniotti nach der Supercup-Abfuhr stand. Bei 20:16 nahm der Italiener seine erste, bei 21:19 seine zweite Auszeit. Die 6632 Zuschauer in der Schmeling-Halle waren immer noch guter Dinge, denn der VfB versemmelt­e seine ersten Ausgleichs­chancen. Beim Stand von 24:23 kratzten Tischer und Co. zweimal den Ball vom Boden, ehe Rousseaux den Satzball abwehrte. Es war schon der zweite, vier weitere folgten, ehe der VfB erstmals in Führung ging und seinerseit­s seinen dritten zum gänzlich unerwartet­en Satzgewinn nutzte.

Es war die Geschichte dieses Spiels: Im zweiten Satz konnten die Berliner nach einem 11:17-Rückstand eine 24:22Führung nicht nutzen, im dritten Satz weder das 25:24, noch das 26:25, noch das 27:26. „Das kotzt mich an“, sagte Berlins überragend­er Hauptangre­ifer Wouter ter Maat. „Ich weiß nicht, warum wir die Sätze noch verschenkt haben. Irgendwas haben die am Ende anders gemacht. Aber was?“

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FOTO: IMAGO Kein Mittel gegen die Häfler Mauer: Der Berliner Steven Marshall prallt an den Händen von Andreas Takvam (li.) und Simon Tischer ab.

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